High Velocity IT: Digitalisierung braucht eine schnelle und agile IT

Damit die IT in der Digitalisierung eine treibende Rolle übernehmen kann, muss der Umbau ganzheitlich und auf allen Ebenen erfolgen. Eine bewährte Methode ist der Umbau der IT von funktionalen Silos zu produkte-orientierten Squads.

Autor Markus Schweizer
Datum 14.10.2019
Lesezeit 6 Minuten

Wie im letzten Blogbeitrag beschrieben, kann und muss die IT-Abteilung der Treiber der Digitalisierung sein. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, muss sich die IT modernisieren und den Fokus von Stabilität auf Flexibilität verschieben und gleichzeitig an Geschwindigkeit zulegen.

Der Umbau der IT muss auf allen Ebenen erfolgen:

  • Kundenorientierung: Alle IT-Aktivitäten müssen auf den Kundennutzen ausgerichtet werden. Alle nicht-wertschaffenden Tätigkeiten müssen kritisch hinterfragt und minimiert werden.
  • Organisation: Die funktionalen Silos, die den Fokus auf technische Expertise und starre Governance- und Prozessrichtlinien legen, müssen flachen Hierarchien weichen, die autonomen Teams erlauben, sich auf Kunden, Produkte und Wertschöpfung auszurichten.
  • Technologie: Diese Teams müssen von hochstandardisierten Abläufen und entsprechenden Tools unterstützt sein, damit die Lieferung von Werten an Kunden weitestgehend automatisiert erfolgen kann (Continuous Delivery). Microservices, Cloud, Containers und Orchestrierung sind hier die wichtigsten Faktoren. Standardisierung und Automatisierung sorgen auch dafür, dass Sicherheits- und Governance-Anforderungen in die Continuous Delivery eingebaut sind.
  • Prozesse: Fokus auf Stabilität und Zuverlässigkeit sowie eine Flut von Regulatorien haben in den letzten 15 Jahren zu perfektionierten, rigorosen Prozessen geführt, die die Abläufe über die funktionalen Silos hinweg langsam und bürokratisch (da oft manuell ausgeführt) gemacht haben. In einer agilen Arbeitsweise muss sich der Fokus von Fehlervermeidung auf Fehlertoleranz verschieben. Das heisst Fehler geschehen, aber wir wissen wie wir reagieren müssen.
  • Methoden: Neue Ansätze wie Agile, DevOps (neu auch: BizDevSecOps) und IT4IT sowie Klassiker wie Lean und kontinuierliche Verbesserung helfen Ablauforganisation und Technologie besser zu verzahnen und inkrementell zu verbessern. Dieser neue, schneller und flexiblere Flow der Continuous Delivery zeigt nachfolgende Grafik:
    continuous delivery
  • Menschen: Die Mitarbeiter müssen befähigt werden diesen Wandel mitzutragen. Dies ist der wichtigste Erfolgsfaktor der High Velocity IT und zugleich auch die grösste Herausforderung. Nicht alle Mitarbeiter können über Nacht vom Top-IT-Spezialisten zu einem T-shaped IT-Generalisten umgewandelt werden. Diese Veränderungsprozesse für Mitarbeiter benötigen Zeit, Unterstützung und Motivation.

Der Stand der Dinge

Ich habe über die letzten zwei Jahre einige Organisationen beim Umbau Richtung Agilität und DevOps begleitet und beobachtet. Meine Erkenntnis ist: Der Weg zur High-Velocity IT ist lange und anspruchsvoll. In vielen Organisationen nimmt die Fluktuation mit dem Beginn des Umbaus schlagartig zu! Eine aktuelle Studie belegt, dass Digitalisierung und Agilisierung von vielen Mitarbeitern als Stressfaktoren empfunden werden.

Für die erfolgreiche Transformation zur High-Velocity IT müssen deshalb drei Faktoren berücksichtigt werden:

    • Zeit: Der Umbau braucht Zeit! Zeit benötigen vor allem Mitarbeitern und Manager, um sich mit der neuen Arbeitsweisen autonomer Teams (Squads) vertraut zu machen, die geforderte Experimentierfreudigkeit zu entwickeln und sich in mehrdimensionaler Verantwortlichkeiten zurecht zu finden: Neben der Arbeit in den Squads müssen Themen der Technologien (Chapters) und Prozesse (Guilds) teamübergreifend diskutiert werden, wie nachfolgende Grafik zeigt:

squads chapters guilds

  • Hybrid-IT: Vor allem Aufgabenbereiche rund um Legacy-Systeme und -Anwendungen eignen sich nur beschränkt für den Übergang in die High Velocity IT. Ein Zwischenschritt sollte deshalb eine hybride Organisationsform sein, in der Legacy Umgebungen ausgenommen werden und in einem kontrollierten Verfahren schrittweise in die neue Welt migriert werden (das nennt man auch den Strangler-Effekt).
  • Ganzheitliches Vorgehen: Auch die neuen Technologien können in Ihrer Vielfalt neue Herausforderung für den effizienten Einsatz und die konsequente End-to-End-Automatisierung sein. Prozesse, Methoden, Tools und Menschen müssen deshalb mit neuesten Lösungen für Orchestrierung, Analytics und AI unterstützt werden, wie folgendes Beispiel auf Basis von IT4IT und ServiceNow zeigt:
    service portfolio

 

Fazit

Gemäss McKinsey kann eine High-Velocity IT eine bis zu 20% höhere Produktivität ermöglichen. Wer sich dahin auf den Weg macht, muss jedoch umsichtig und ganzheitlich vorgehen und vor allem dem Faktor Mensch genügend Rechnung tragen! ITIL 4 fokussiert sehr stark auf die Beschleunigung der IT und wir können die sieben Guiding Principles als Erfolgsfaktoren dafür beziehen:

  • Focus on value
  • Start where you are
  • Progress iteratively with feedback
  • Collaborate and promote visibility
  • Think and work holistically
  • Keep it simple and practical
  • Optimize and automate

Tipp: Erfahren Sie mehr im aufgezeichneten DigiSnack-Webinar mit Markus Schweizer «High Velocity IT: Die IT-Organisation der Zukunft».

Weiterführendes Kursangebot: ITIL® 4 High Velocity IT

Lernen Sie im Kurs «ITIL® 4 High Velocity IT» die Funktionsweise digitaler Organisationen in einer sich schnell verändernden Zeit und mit Fokus auf rascher Bereitstellung von Produkten und Services kennen.

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Über den Autor

Markus Schweizer

Markus Schweizer ist Digicomp Trainer, ITIL®- und Cobit®-Experte und Strategie-Berater bei Plat4mation für alle Belange des IT-Managements. Zuvor arbeitete er für IBM und PwC und verbrachte er neun Jahre in den USA, wo er Grossfirmen beim Einsatz von Service-Management-Konzepten beriet. Seine Beratungsschwerpunkte sind IT Business Management, interne Digitalisierung, Governance und SIAM.