Digitalisierung – mit oder ohne IT?

In seinem zweiteiligen Artikel beschreibt Digicomp Experte Markus Schweizer im ersten Teil die Rolle, welche die IT im Rahmen der Digitalisierung eines Unternehmens übernehmen kann und soll.

Autor Markus Schweizer
Datum 11.09.2019
Lesezeit 6 Minuten

Die Digitalisierung hat sich zu einem wichtigen Innovationstreiber der Wirtschaft entwickelt, dem sich heute keine Branche mehr entziehen kann. Wer nicht mitzieht, geht unter! In dieser Drucksituation lohnt es sich einen kurzen Blick auf das Verhältnis von IT und Geschäftswelt zu werfen. Vielfach wurde bereits das Ende der klassischen IT-Abteilung heraufbeschworen, weil sie zu langsam sei, um einen wertvollen Beitrag zur Digitalisierung leisten zu können. Der neue Star im Management werde der Chief Digital Officer und der CIO würde zum Betriebsleiter der sogenannten «Legacy-IT» herabgestuft!

Die Realität zeigt nun jedoch ein anderes, differenzierteres Bild: Die IT hat Kernkompetenzen, die für die Digitalisierung unerlässlich sind und von der Businessseite dringend benötigt werden; allerdings muss sich auch die IT wandeln, um weiterhin relevant zu bleiben. In meinem zweiteiligen Blog möchte ich die Chancen und Herausforderungen betrachten, die sich für die IT in der Digitalisierung ergeben. Im ersten Teil möchte ich diskutieren, wie die IT ihre Kernkompetenzen in die Digitalisierung des Business einbringen kann; im zweiten Teil geht es darum, was die IT tun muss, um auch in Zukunft ein wertvoller Partner des Business zu sein. In beiden Fällen ist die Lösung wie immer im Dreieck Mensch-Prozess-Technologie zu finden, jedoch mit konsequenter Optimierung und Automatisierung.

Teil 1: Kernkompetenzen der IT für die Digitalisierung der Unternehmen

Eine wichtige Voraussetzung für die Digitalisierung ist die Beschleunigung interner Abläufe und die Fähigkeit zu rascher Skalierung. Die interne Digitalisierung muss also zwingend mit externen neuen digitalen Angeboten einhergehen: Es macht wenig Sinn, ein neues «Minimum Viable Products» auf den Markt zu werfen, wenn die Logistik- und Buchhaltungs-Systeme nur alle paar Monate upgedatet werden und die zuständigen Mitarbeiter in Verkauf und Support nicht rasch mit neuen automatisierten Verfahren unterstützt werden können.

Für die interne Digitalisierung nützt es aber auch wenig, unkoordiniert Legacy-inhouse-Lösungen mit Cloud-Lösungen (Software-as-a-Service), die dann genau so wenig integriert sind wie zuvor. Successfactors, Workday, Concur, Salesforce und Workplace sind zwar alles wunderbare Lösungen und sind als Cloud-Produkte sicherlich günstiger als ihre Vorgänger. Sie übernehmen jedoch deren Schwächen: Die Optimierung der Funktionalität ist auf die Business Prozesse ausgerichtet und nicht auf die Benutzer-Experience. Der Mitarbeiter, der mehr und schneller arbeiten soll, wird immer noch durch Medienbrüche und funktionale Silos ausgebremst.

Genau hier kann die IT ihre Kernkompetenzen einbringen:

Service Management: Die hat längst begonnen – auf Basis populärer Best Practices wie ITIL – ihre internen Abläufe auf den (internen) Kunden auszurichten. Und was gut für den internen Kunden ist, sollte auch eine solide Basis für externe Kunden sein. Die eingespielten Abläufe am Service Desk können also in den Customer Support verlängert und adaptiert werden.

Security-, Risk- und Architektur-Management: In der IT hat sich längst die Erkenntnis durchgesetzt, dass nur eine integrierte Sicht über Assets, Menschen und Tätigkeiten erlaubt, die relevanten Risiken zu identifizieren und in entsprechenden Absicherungsmassnahmen umzusetzen. Im Zuge der Durchdringung von Technologie in alle Bereiche eines Unternehmens muss diese Sichtweise adaptiert und ausgeweitet werden.

Mitarbeiter-Experience: Bewährte Verfahren der IT für die Unterstützung der Mitarbeiter, wie Service-Portale, Self-Help, FAQ können auch auf andere Bereiche ausgedehnt werden. Ein prominentes Beispiel hierzu ist das Onboarding neuer Mitarbeiter, das oft wegen vieler Medienbrüche und deshalb langsamen Abläufen zu Frustrationen führt: Der neue Mitarbeiter ist zwar da, kann aber nicht arbeiten, weil PC und Zugriffsberechtigungen fehlen… Neue Software-Lösungen wie z.B. ServiceNow eignen sich, Abläufe zu automatisieren, die quer zu den klassischen Business Prozessen verlaufen.

Sourcing: Die Reduktion der Fertigungstiefe in der IT ist in vollem Gange; Datacenter werden durch Clouds ersetzt, Netzwerke werden zu virtuellen Services und monolithische Anwendungen werden zu flexiblen Oekosystemen von Microservices entwickelt. Für jeden dieser Entwicklungen sind wichtige Sourcing-Entscheidungen nötig, für die fundierte Kenntnisse der verfügbaren Technologien notwendig sind, was nicht eine Kompetenz eines Geschäftsbereiches sein kann oder soll.

digitalisierung

Grafik: IT Fähigkeiten für die Unternehmensdigitalisierung

Angesichts des Zustandes vieler Legacy-IT Organisationen sind manche dieser Aussagen vielleicht etwas sehr optimistisch. Fakt ist jedoch, das Digitalisierung ohne kompetente und agile IT-Organisation nicht gemacht werden kann.

Deshalb werde ich im zweiten Teil aufzeigen, was die IT machen muss, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden.

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Über den Autor

Markus Schweizer

Markus Schweizer ist Digicomp Trainer, ITIL®- und Cobit®-Experte und Strategie-Berater bei Plat4mation für alle Belange des IT-Managements. Zuvor arbeitete er für IBM und PwC und verbrachte er neun Jahre in den USA, wo er Grossfirmen beim Einsatz von Service-Management-Konzepten beriet. Seine Beratungsschwerpunkte sind IT Business Management, interne Digitalisierung, Governance und SIAM.