Change Management: Wer Betroffene nicht abholt, wird kein Vertrauen schaffen

Change Management ist kein Solo-Sprint. Warum Veränderungsprojekte, die nicht um Vertrauen werben, zum Scheitern verurteilt sind und wie Sie Betroffenen auf gleicher Höhe begegnen.

Autor Christopher Schneider
Datum 28.07.2019
Lesezeit 6 Minuten

Wir leben in Zeiten grosser Veränderungen und nicht erst seit den Anfängen der Digitalisierung ist die Rede von Change. Der Begriff wird aber beinahe inflationär benutzt und für jedes beliebige Vorhaben eingesetzt, welches auch nur im Entferntesten mit Veränderung zu tun haben könnte.

Darüber hinaus werden mit dem Begriff immer wieder ausschliesslich Veränderungen an Strategie und Strukturen sowie Prozessen adressiert. Was Change Management jedoch für die Mitarbeitenden und vom eingeleiteten Wandel Betroffenen tatsächlich bedeutet, wird häufig nur stiefmütterlich behandelt.

Deshalb soll sich dieser Artikel mit einem Schlüsselfaktor erfolgreicher Veränderungsprojekte auf Mitarbeitendenebene befassen: Dem Schaffen von Vertrauen bei den Betroffenen.

Betroffene individuell abholen

Veränderungsvorhaben werden selten sehnlichst erwartet und kommen für die Mitarbeitenden immer wieder überraschend. Geschäftsführung und Projektinitianten haben häufig einen grossen Vorsprung, weil sie das Vorhaben seit Wochen ausgetüftelt und viele Kontextinformationen studiert haben. Deshalb ist es wichtig, dass Mitarbeitende dort abgeholt werden, wo sie stehen.

Wieso braucht es Veränderung? Was sind die angepeilten Ziele? Warum kann nicht alles bleiben, wie es ist? Was bedeutet das alles für mich in meiner Rolle sowie für meine Arbeitsstelle?

All dies sind typische Fragen, wenn Veränderungen vor der Türe stehen. Sie müssen individuell beantwortet werden, denn sonst schwindet die Wahrscheinlichkeit, dass die Betroffenen das Vorhaben aktiv unterstützen und Teil der Veränderung werden.

Wenn es nicht schmerzt, braucht es keinen Change

Veränderungen haben besonders dann eine Chance auf Unterstützung, wenn sie versprechen, bestehende Probleme bei den Betroffenen anzugehen. Wenn ein solcher Leidensdruck aufseiten der Mitarbeitenden nicht existiert, wird es schwer fallen, diese zu überzeugen oder gar zur Mitarbeit zu motivieren.

«Was hat das mit mir und meiner Arbeit zu tun?». Diese Frage will schlüssig beantwortet werden, andernfalls werden Betroffene selten zu Beteiligten.

Ziele klären und laufend informieren

Es ist wichtig, dass die Ziele des Veränderungsvorhabens nachvollziehbar sind. Das heisst nicht, dass sie automatisch von jedem Mitarbeitenden akzeptiert werden müssen. Doch wenn die angestrebten Ergebnisse logisch erscheinen, können sich die Betroffenen eher darauf einlassen.

Hier ist aber auch Vorsicht geboten: Nur wenn die Ziele den Betroffenen aus ihrer Perspektive schlüssig und richtig erscheinen, können sie sich darauf einlassen. Sollte beispielsweise das Ziel lauten, das Call Center in ein anderes Land auszulagern, so wird man von den Mitarbeitenden des Call Centers selbst kaum Unterstützung erwarten können, auch wenn das Ziel Kosten zu sparen, unternehmerisch logisch erscheint.

Betroffenen müssen in einem solchen Falle Perspektiven aufgezeigt und Optionen zur persönlichen Veränderung offeriert werden, damit sie das Vorhaben nicht aktiv torpedieren und die Bereitschaft zur Leistung abrupt einstellen.

Angemessene Sprache und regelmässige Information sind wichtig

Vielfach verstecken sich Führungskräfte und Entscheidende bei Veränderungsprojekten hinter inhaltsleerer Managementsprache und vorformulierten Phrasen. Dies wirkt abschreckend und kann die Aussage transportieren: Wer uns nicht versteht, gehört nicht dazu. Deshalb ist es wichtig, sich in Betroffene einzufühlen und sie in «ihrer» Sprache abzuholen.

Ebenso wichtig ist es, regelmässig und umfassend über die Entwicklungen zu informieren, damit die Betroffenen aufkommende Bedenken ansprechen können. Change Managerinnen und Manager sowie Führungskräfte müssen über das gesamte Veränderungsvorhaben hinweg in Kontakt mit den betroffenen Mitarbeitenden bleiben und einen regelmässigen Austausch pflegen, sei es über Informationsveranstaltungen, Team-Workshops oder bilaterale Gespräche.

Nur so kann der Wissensstand jeder und jedes Einzelnen erweitert werden, und nur so wird es den Betroffenen ermöglicht, sich langsam mit der Art und Weise des Vorgehens zu arrangieren.

«Culture eats strategy for breakfast!»

Das bekannte Zitat von Peter Drucker beschreibt treffend, dass Veränderungsvorhaben ohne die Akzeptanz und Unterstützung von Mitarbeitenden scheitern. Das Schaffen von Vertrauen ist immer kritisch. Nur wahrheitsgetreue Kommunikation, transparentes und regelmässiges Informieren sowie glaubwürdiges Auftreten der Projektauftraggeber und -mitarbeitenden können zu Vertrauen und Bereitschaft zur Unterstützung führen.

Mitarbeitende haben ein gutes Gespür dafür, ob sie wirklich mitgenommen oder zum Narren gehalten werden. Auch wenn das individuelle Abholen und Mitnehmen viel Zeit kosten kann, so zahlt es sich schlussendlich immer aus.

Lesen Sie dazu auch den Blogbeitrag von Sue Ruf über Change Management 4.0 und die Notwendigkeit bei Digitalisierungsprojekten den Kulturwandel einzubeziehen

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Über den Autor

Christopher Schneider

Christopher Schneider verfügt über grosse Erfahrung als Berater, Coach, Dozent und Trainer. Er arbeitet als Senior Berater und Coach im Bereich der Organisationsentwicklung in Bern, spielt seit Jahren Improvisationstheater und steht regelmässig auf öffentlichen Bühnen. Seit einiger Zeit setzt er in seiner Arbeit als Coach und Entwickler neben bewährten Tools und Techniken vermehrt auch auf Theater-Elemente, um unbewusste Potenziale in Teams spielerisch sichtbar zu machen.