Change-Management 4.0 oder agiles Change-Management

Change Management-Expertin Sue Ruf erläutert, weshalb Change-Projekte nur unter Einbezug eines Kulturwandels wirklich erfolgreich sein können, und weshalb es nicht reicht, den digitalen Wandel nur technisch oder prozessorientiert zu vollziehen.

Autor Suzanne Ruf
Datum 25.06.2018
Lesezeit 7 Minuten

Die Change-Management Studie 2017 von Capgemini Consulting hat sich in dieser Ausgabe darauf konzentriert, zu erkunden, was die Vorreiter des digitalen Wandels erfolgreicher machen als die Follower. Dabei wurden mehr als 1000 Fragebogen ausgewertet, die in acht Dimensionen jeweils vier Fragen zu definierten Kulturdimensionen beantworteten. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die erfolgreich digitalisierten Unternehmungen gelernt haben, die Entwicklung der Kultur mit in ihre Digitalisierungsprojekte einzubeziehen.

Es reicht nicht mehr aus, nur Technisierung und Prozess-Redesign zu adressieren. Nur mit Einbezug der Kultur und der Beleuchtung dessen, was die optimale Kultur für die digitale Welt der entsprechenden Unternehmung ist, kann die Digitalisierung vollumfänglich gelingen. Das stellt hohe Anforderungen an die Digitalisierungsprojekte und unterstreicht aus meiner Sicht die Wichtigkeit des Change-Managements, das als Umsetzungsinstrument essenziell ist.

Als grösstes Hindernis für den digitalen Kulturwandel ergab die Studie drei wesentliche Punkte, die in Veränderungsprojekten zu beachten sind:

  1. Es mangelt an Kommunikation mit den Mitarbeitenden in der Transformationsphase.
  2. Es besteht die Gefahr, dass Silodenken Innovation und Veränderungen unterbinden oder behindern.
  3. Der Umgang mit den Ängsten der Mitarbeitenden ist unzureichend.

Alle diese drei Hindernisse können abgeschwächt werden, wenn von Beginn Projekts an Strategie und Kulturwandel, also der Change, zusammen geplant werden. Und genau hier muss auch das Change-Management selber in seinem Vorgehen neu gedacht werden.

Das 8-Schritte-Programm von Peter Kotter ist dabei immer noch ein verlässlicher Begleiter. Um Change-Management besser mit den Geschäftsanforderungen in Einklang zu bringen, müssen diese 8 Schritte jedoch früher beginnen. Ich beobachte in der Praxis viele Unternehmungen, die zuerst im Rahmen eines Organisationsprojekts die strukturelle, prozessuale oder technische Anpassung gestalten, und sobald die Ergebnisse daraus vorliegen, überlegen, wie dieses Konzept nun an die Mitarbeitenden kommuniziert und wie die Implementierung vorgenommen werden soll.

Oft kommt Change-Management also erst zum Einsatz, wenn das Konzept vorliegt und es nur noch darum geht, dieses den Mitarbeitenden schmackhaft zu machen.

Dieses Vorgehen produziert genau die in der Capgemini Studie erfassten Hindernisse. Die Kommunikation ist mangelhaft, weil sie viel zu spät einsetzt. Vorher schon ist in der Unternehmung spürbar, dass sich – oft hinter verschlossenen Türen – etwas tut und es ein Organisationsprojekt gibt. Dies nährt die Ängste der Mitarbeitenden, sie spüren instinktiv, dass sich etwas tut, mag die Geheimhaltungskultur noch so gut sein im Projekt. Vielleicht wurde sogar eine initiale Kommunikation durchgeführt, in der angekündigt wurde: Wir führen nun ein Digitalisierungsprojekt durch. Dann kommt lange keine Information, bis das Konzept steht. Je nachdem, wie lange das Projekt dann dauert, besteht viel Raum und Zeit für Gerüchte, Ängste, Interpretationen etc. Mit etwas Pech haben in dieser für die Mitarbeitenden unsicheren Phase die besten Mitarbeitenden schon die Entscheidung getroffen, das Unternehmen zu verlassen.

Mangelndes Change-Management ist also für die Unternehmung ein Risiko. Es kommt zu Produktivitätsverlust, evtl. zu Verlust von Know-how durch die Abwanderung von Mitarbeitenden. Und es hat direkten Einfluss auf die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, was wiederum die Lieferqualität und die Effektivität beeinflusst.

Change-Management muss integraler Bestandteil der konzeptuellen Überlegungen sein. Bereits wenn die Strategien entworfen werden, können Mitarbeitende mit einbezogen werden. Das bedeutet nicht, dass alle und jeder der Mitarbeitenden im Projekt mitarbeiten muss. Das wäre auch der falsche Ansatz. Jedoch ist es sehr erfolgversprechend, repräsentative Mitarbeitergruppen zu bilden und diese von Beginn weg im Projekt mitarbeiten zu lassen oder Konzeptteile mit ihnen zu besprechen und auf die Machbarkeit hin zu überprüfen. Es zeigt sich sogar immer wieder in erfolgreichen Digitalsierungsprojekten, dass innovative Ansätze direkt aus der Umgebung der Mitarbeitenden kommen. Das ist auch gut nachvollziehbar, denn die Mitarbeitenen sind die Experten der Praxis und haben ein Gefühl dafür, was machbar und umsetzbar ist und wo Optimierungsansätze liegen könnten. Darum boomen im Moment wohl auch innovative Denkansätze wie Design Thinking.

Doch zurück zum Change-Management. Was muss sich noch weiter ändern, damit sich ein Unternehmen erfolgreich digitalisieren kann? Das Projekt muss sehr nah an die Bedürfnisse des Geschäfts angepasst werden und es muss sich der Zeitablauf ändern.

Die Zeiten von gesamten Change-Initiativen sind vorbei. Das Change-Management selber muss agiler werden. Change-Management muss eine Selbstverständlichkeit werden.

In kurzen Abständen, fokussiert auf den erwünschten Erfolg, ausgerichtet auf die gesamte Vision, sind die Veränderungsschritte zu vollziehen. Das heisst, Veränderung in den Teams adressieren, Aufteilung der Veränderung in kleine Schritte, denn so sind sie für die Mitarbeitenden erfassbar und sie gewinnen Sicherheit und Vertrauen. Kontinuierliches Stakeholder-Management ist dabei zentral. Weiter hat sich gezeigt, dass Review-Momente am Ende jedes Veränderungsschrittes direkt den Benefit der Umsetzung herausstreichen kann, und falls noch nicht alles funktioniert, direkt justiert werden kann. Ausserdem kann so der folgerichtige, für die Unternehmung oder für das Team verdaubare Veränderungsschritt identifiziert und entsprechend geplant werden.

Fazit

Die bewährten Methoden des Change-Managements sind immer noch wirksam. Erfolgreich und nachhaltig ist der Einbezug des Change-Managements bereits bei der Konzeption des Digitalisierungsprojekts oder der Organisationsveränderung, um Struktur und Kultur gemeinsam zu entwickeln. Essenziell sind kurze Sprints, die eher einen coachenden Ansatz für die Organisationsveränderung ermöglichen, indem Bezug auf die aktuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden genommen und die Transformation an das Veränderungstempo der Organisation angepasst werden kann.

Grafik 8 Schritte, Kotter

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Über den Autor

Suzanne Ruf

Suzanne Ruf begleitet seit vielen Jahren und mit grossem Erfolg Menschen und Organisationen in Veränderungen. Sie ist Motivationscoach, Organisationsentwicklerin und erfahrene Trainerin. Mit ihrer breaksru gmbh unterstützt sie KMU in deren kontinuierlicher und nachhaltiger Weiterentwicklung. Dabei verliert sie nie aus den Augen, welche Auswirkungen die geplanten Veränderungen für die betroffenen Menschen haben. Die Verknüpfung der menschlichen Ebene mit den organisatorischen Fakten sind ihr Erfolgsrezept.