Corporate Design in Zeiten von KI: Chancen und Herausforderungen

Künstliche Intelligenz vom Logo-Generator bis hin zu vollautomatisierten Designlösungen verändert den Corporate-Design-Prozess radikal. KI-Tools wie z.B. Adobe Firefly bieten enorme Möglichkeiten. Doch wie profitieren Unternehmen von KI, und wann sind erfahrene Corporate Designer weiterhin unverzichtbar?

Autor/in Alex Kereszturi
Datum 25.11.2024
Lesezeit 9 Minuten

Künstliche Intelligenz hat in den letzten Jahren einen tiefgreifenden Wandel im Corporate Design ausgelöst. Während zuvor Erfahrung und Können nötig waren, bieten heute KI-Tools weitreichende Automatisierungs- und Generierungs-Möglichkeiten.

Die Fragen sind jedoch:

● War das nicht auch schon mit der Einführung des (digitalen) Desktop Publishing der Fall? Haben nicht auch Ziel-Medien wie Online-Banner so einiges im Brand-Design auf den Kopf gestellt bzw. bestehende CI/CD herausgefordert?

● Wie hat sich damals die Jobrolle «Corporate Designer» verändert? Wie aufgrund der KI? Braucht es nach wie vor professionelles Brand Management? Wer übernimmt die Führung? Wer Verantwortung?

● Und zusammengefasst: Ist KI eine Bedrohung oder ein Gewinn für den gesamten Prozess?

Schauen wir uns einige dieser Fragen näher an.

«Nichts ist so beständig wie der Wandel:» (Heraklit)

Ein von wahren Gegebenheiten inspiriertes Gedanken-Experiment zum Einstieg.

Gegeben sei eine Corporate Design für einen Pullover-Hersteller, welche besagt, dass 67% der Fläche (von unten her) eines Creatives mit der Primärfarbe zu füllen sei und die oberen 33% mit einem Bild, das mindestens eine Person zeigt, die einen zu bewerbenden Pullover trägt.

Dies ergibt für ein A4 Dokument in etwa folgendes:

Bei einem Online-Werbe-Banner im Format 600 x 120 Pixel wird es schon schwieriger, den Pullover zu erkennen:

Darf diese Firma jetzt keine Querformat-Banner schalten?

Wer trägt die Schuld daran, dass querformatige Banner und das CD nicht kompatibel sind? Die Internet-Werbe-Plattformen mit ihren «sinnlosen» Formaten oder das Corporate Design?

Erinnert ein wenig an die Huhn-Ei-Frage, oder?

Auf KI umgemünzt: Verbietet oder verunmöglicht ein CI/CD die Nutzung von KI, wird es eng. Ergreift ein Corporate Design die Möglichkeiten von KI, eröffnen sich die «unendlichen Weiten» wie sie bei Raumschiff Enterprise angepriesen werden.

Wie verändert KI den Bereich der Corporate Identity?

Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Corporate Identity gestalten und entwickeln, fundamental zu verändern. Moderne KI-Design-Tools bieten nicht nur zeitsparende Lösungen, sondern stellen auch Möglichkeiten zur Verfügung, die mühsame und teure Designprozesse vereinfachen können:

● Inspiration dank Chat-KI: nur schon eine kurze Frage an ChatGPT à la «Wie könnte ein Corporate Design für www.männerseminar.ch aussehen?» liefert Vorschläge zu Farbschema, Typografie, Logo-Symbolik und Bilderwelten sowie weiteren grafischen Elementen. Und das sogar mit theoretisch korrekten Begründungen wie im Lehrbuch.

● Erstellung von Assets am Schreibtisch: Bild- und Video-Generatoren können Wunsch-Creatives erstellen, ohne dass Fotografen oder Kamera-Teams aufgeboten, Flüge rund um die Welt gebucht und (danach) im Auswahlprozess die Spreu vom Weizen getrennt werden müssen.

Man nehme sich 10 Minuten Zeit, schaue Introducing Sora — OpenAI’s text-to-video model und lasse dabei den Budget-Counter laufen, um auszurechnen, was die Real-Life-Erstellung dieser Videos kosten würde.

● Automatisierung von Designs: KI-Generatoren erstellen innerhalb von Sekunden Layouts, Grafiken und Logos, die zu den Brand-Identitäten passen (können).

● Datengetriebenes Design: Durch das Sammeln und Analysieren von Daten über Zielgruppen können KI-Tools spezifische Designentscheidungen treffen, die bei der visuellen Markenbildung unterstützen.

Konkret: Was zu Zeiten von Tageszeitungs-Inseraten ein Entscheid für A oder B war, kann heute dank intelligentem A-B-Testing zu einem «und» werden.

All diese Herangehensweisen können Designteams zeitlich entlasten. Es entsteht mehr Raum für strategische Entscheidungen. Für kleinere Unternehmen ergeben sich attraktive Möglichkeiten, kostengünstig zu arbeiten bzw. Anpassungen am CI/CD vorzunehmen.

Welche Chancen bringen KI-Tools also im Corporate Design?

1. Zeit- und Kosteneffizienz

Was früher Wochen oder Monate und intensive Zusammenarbeit zwischen Kunde und Designer bedeutet hat, kann heute von KI-Tools enorm effizient als eine Grundlage geschaffen werden. Diese kann dann anschliessend durch erfahrene Designer verfeinert werden.

2. Know How und Flexibilität

Da KI teilweise auf riesige Datenmengen zugreifen kann, lassen sich (neue) Trends, (andere) Zielgruppen oder sogar saisonale Anforderungen – kurz vieles, woran man grad nicht gedacht hat – mit in Entscheidungen einbezogen werden.

3. Demokratisierung und Kunden-Einbindung

Durch die Vielzahl an verfügbaren KI-Tools können auch weniger erfahrene Benutzer hochwertige Ergebnisse erzielen. Der Wert ergibt sich dabei nicht nur aus den entstehenden Endprodukten – welche von Profis oft ohne KI sogar ‹besser› erstellt werden können – sondern auch schlicht durch die Kundeneinbindung in den Gesamtprozess.

Wo ist Vorsicht geboten bei der Anwendung von KI-Tools im Zusammenhang mit Corporate Identity/Design?

Obwohl selbst schon die oben aufgelisteten Vorteile sehr verlockend sein können, gibt es doch einige Aspekte, die beim Einsatz von KI im Corporate Design beachtet werden sollten:

Mangelnde Individualität: Viele KI-Tools verwenden vorgefertigte Muster und Stile, die möglicherweise nicht immer die Einzigartigkeit einer Marke widerspiegeln. Aktuell verlaufen sich generative Lösungen relativ schnell in «Sackgassen», welche man aus stundenlagem Suchen in der «Vorlagen-Hölle» kennt.

Kurz: Generativ ist eben nicht kreativ!

Qualitätssicherung: Ein KI-Logo oder ein automatisch erstelltes Design mag auf den ersten Blick überzeugend wirken, aber ohne die finale Kontrolle durch erfahrene Designer, die etwas vom Fach verstehen, besteht die Gefahr, dass Feinheiten übersehen werden.

Kurz: Es sieht zwar aus wie ein Logo, ist aber (noch) keins!

Ethik und Urheberrecht: Manche KI-Tools verwenden zur Generierung von Designs riesige Datensätze, in denen urheberrechtlich geschütztes Material enthalten sein kann. Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass hier rechtliche Grauzonen bestehen.

Diese Herausforderungen verdeutlichen, dass eine Zusammenarbeit zwischen KI-Tools und erfahrenen Corporate Designern notwendig ist.

Die Aussage, dass Menschen nicht durch KI ersetzt werden, sondern durch Menschen, die es verstehen KI sinnvoll einzusetzen, verdeutlicht das Einordnen der KI als Werkzeug und keinesfalls als Ersatz.

Wieso sind Corporate Designer trotz KI-Tools unverzichtbar?

Professionelle Corporate Designer bieten mehr als nur ästhetisches Gespür. Sie bringen strategisches Denken, kulturelle Kenntnisse und psychologisches Verständnis ein, das für die Entwicklung einer Marke – insbesondere, wenn sie nachhaltig sein soll – entscheidend ist.

Eine KI kann zwar ein solides Design in Minuten erzeugen, aber Markenführung, Konsistenz und langfristige Strategie lassen sich durch solche Tools nicht ersetzen. Noch nicht.

Zur Verdeutlichung:

Brand Management und Strategie

Eine generative KI beantwortet einfach eine Frage, die ihm als Prompt gestellt wird. Doch welche Prompts/Fragen sollen gestellt werden?
Ein Corporate Designer entwickelt eine strategische Markenbotschaft, die sich durch alle Elemente der Corporate Identity zieht. Diese Strategie ergibt die Prompts.

Emotionale Wirkung

KI kann Stil, Farbe und Form analysieren, aber die emotionale Ansprache und die Berücksichtigung kultureller Nuancen erfordert menschliches Feingefühl.

Kreativität und Innovation

Designer bringen eine kreative Tiefe ein, die auf realen Erfahrungen und kulturellen Entwicklungen basiert. Noch.
Etwas, das KI bisher nicht in gleicher Weise leisten kann. Noch nicht.

Fazit: KI ist Unterstützung… nicht Ersatz

Die Zukunft des Corporate Designs liegt nicht in der vollständigen Ersetzung menschlicher Kreativität durch KI, sondern in der klugen Zusammenarbeit beider Welten.

KI-Tools wie ChatGPT und Adobe Firefly sind hervorragende Werkzeuge, um Corporate Designer zu entlasten, Prozesse zu beschleunigen und kleinere Aufgaben zu automatisieren.

Das heisst, dass es wohl eine grössere «Schere» zwischen «billigen» und «guten» CI/CD geben wird.

Dennoch bleibt die einzigartige, tiefgreifende Arbeit des Corporate Designers unverzichtbar für die Schaffung einer authentischen, markanten und dauerhaften Markenidentität.

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Autor/in

Alex Kereszturi

Alex Kereszturi ist Web Solution Developer der ersten Stunden, Trike-Fahrer und Hobby-Psychologe. Als einer der ersten «Webpulisher SIZ» und als «Adobe Certified Instructor» entwickelt er seit seinem 15. Lebensjahr Lösungen für das WWW, Mobilgeräte und andere Lebenslagen. Er ist seit bald 25 Jahren Kursleiter bei Digicomp, liebt das Sein in der Natur und setzt bei seinen Schulungen auf einen guten Mix aus Information, Praxisübungen und Unterhaltung. Als Inhaber und CEO führt er die Smilecom GmbH als ein kleines aber feines Software-Entwicklungs-Unternehmen und immer wieder ein turbulentes Familienleben mit drei Töchtern.