Value Stream Mapping in ITIL® 4

Value Stream Mapping (VSM) ist ein bewährtes Werkzeug aus der Welt von Lean und Six Sigma. In ITIL® 4 nimmt es eine zentrale Rolle ein, um den Übergang von der Service-Lebensyklus Perspektive von ITIL® V3 zum Service-Value-System nach ITIL® 4 zu ermöglichen. In diesem Beitrag möchte ich die Bedeutung von VSM aus verschiedenen Blickwinkeln besprechen.

Autor Markus Schweizer
Datum 25.02.2020
Lesezeit 5 Minuten

Was ist Value Stream Mapping?

Value Stream Mapping (VMS) ist eine Methode zur Verbesserung des Material- und Informationsflusses vom Zeitpunkt eines Kundenbedarfs bis zur Lieferung eines Produktes oder Services. Befriedigt die Lieferung den Bedarf hinreichend, entsteht in den Augen des Kunden ein Wert.

Hierzu wird zunächst der Ist-Zustand erfasst, in dem jeder Schritt typischerweise visuell mit Post-its auf Packpapier an einer Wand festgehalten und umfassend dokumentiert wird. Dazu gehören beispielsweise:

  • Aufwand
  • Material-/Informationsbedarf
  • Ausführungszeit

Danach wird der Fluss (Flow) verbessert, indem Verschwendungen (8 Wastes: Wartezeit, Transport, Überproduktion, Defekte, etc.) und unnötige Tätigkeiten (non-value add steps) eliminiert werden.

Ziel ist es, den Fluss durch den Wertstrom so zu verbessern, dass er schneller und flexibler (just-in-time) auf Nachfragen (Pull) reagieren kann – wodurch letztlich die Produktion schlanker, schneller, besser und gleichzeitig günstiger wird (Reduktion des Work-in-Progress).

VSM in ITIL® 4

Obwohl die Lean- und Value-Stream-Mapping-Methoden in der produzierenden Industrie entwickelt wurden, eigenen sich diese Konzepte für Services ideal, weil Services ja von Natur aus flüchtig sind, also nicht auf Halde produziert werden können. Die Service-Erbringung muss zwingend zeitnah an den Service-Aufruf gekoppelt sein!

Nun könnte man aus ITIL®-Sicht sagen: Prozessoptimierung mit CSI machen wir schon seit ITIL® V3. Nur verschiebt sich die Perspektive beim Value Stream Mapping ganz entscheidend: Während Prozessoptimierungen oft IT-interne Übungen sind (inside-out), beginnen Value Stream Maps immer beim Kunden und enden auch beim Kunden.

Diese Outside-in-Sicht ist entscheidend für die Fokussierung auf den Wert aus Sicht des Kunden, der nun der eigentliche Treiber aller Tätigkeiten in ITIL® 4 ist.

Wir brauchen die Wertbetrachtung und damit die Value-Stream-Diskussion:

  • in Create, Deliver und Support für das Bauen von Services,
  • in Drive Stakeholder Value für die Wertidentifizierung,
  • in High Velocity IT für die Beschleunigung (Flow/Pull) der Service-Erstellung und Lieferung (hier zeigt sich die Nähe zu DevOps am deutlichsten),
  • und in Direct, Plan und Improve für die Governance und die kontinuierliche Verbesserung.

Die zentrale Bedeutung des Value Stream Mappings zeigt das folgende Wirkungsfeld-Diagramm im Kontext der vier ITIL® 4 Specialist-Bücher:

Abbildung 1: Wirkungsfeld Value Stream Mapping

Wie erstelle ich Value Stream Maps?

Wie bereits erwähnt, beginnt Value Stream Mapping typischerweise als Visualiserungsübung an einer Wand mit Packpapier und Post-Its. Das ist sinnvoll, aber auch aufwändig. Deshalb sollte man sich auf die wichtigen und häufigen Value Streams fokussieren. ITIL®  4 bietet hierzu mit den sechs Value-Chain-Aktivitäten Hilfestellung zur Strukturierung.

Wertstrom für die Entwicklung eines Service
Abbildung 2: Wertstrom für die Entwicklung eines Service

Wie dieses Beispiel zeigt, ist der Umgang mit Value Stream Mapping und Value-Chain-Aktivitäten nicht ganz einfach! Meine Empfehlung ist deshalb einfach anzufangen und dann schritttweise die Auflösungstiefe der Streams zu verfeinern.

Einen möglichen Einstieg bietet IT4IT, das für die gesamte IT vier Value Streams vorschlägt:

Damit lassen sich auch auf Basis von existierenden Prozessen von ITIL® 3  sinnvolle Wertdiskussionen anstellen.

Gerade für das Thema High Velocity IT ist diese Betrachtung von zentraler Bedeutung: Die Lean-Grundsätze von Flow und Pull lassen sich entlang dieser vier Wertströme orchestrieren. Durch die Kombination von ITIL®  4 und IT4IT entsteht so eine integrierte Wertschöpfungskette, die als Basis für höhere Ausführungs- und Liefergeschwindigkeit sorgt. Damit auch eine robuste Grundlage für die Continuous Integration/Continuous Delivery (CI/CD) von DevOps gegeben:

Fazit

Value Stream Mapping ist ein Schlüsselkonzept von ITIL® 4, das nicht ganz einfach in der Anwendung ist, aber Wirkung in sehr viele Richtungen entfalten kann. Es lohnt sich deshalb, sich intensiv mit dem Konzept auseinanderzusetzen und geeignete Use Cases für dessen Einsatz zu entwickeln. Dies kann die Optimierung von Abläufen in der alltäglichen Arbeit in der IT sein oder auch ein wichtiger Schritt hin zu DevOps und der Beschleunigung der IT.


Über den Autor

Markus Schweizer

Markus Schweizer ist Digicomp Trainer, ITIL®- und Cobit®-Experte und Strategie-Berater bei Plat4mation für alle Belange des IT-Managements. Zuvor arbeitete er für IBM und PwC und verbrachte er neun Jahre in den USA, wo er Grossfirmen beim Einsatz von Service-Management-Konzepten beriet. Seine Beratungsschwerpunkte sind IT Business Management, interne Digitalisierung, Governance und SIAM.