Erfolg durch Spontaneität

Was können Führungskräfte und Teams vom Improvisationstheater lernen? Haben denn Theater und andere Kulturformen überhaupt etwas in der Geschäftswelt verloren?

Autor Christopher Schneider
Datum 27.08.2018
Lesezeit 6 Minuten

Wie können Führungskraft und Team vom Improvisationstheater profitieren?

Improvisationstheater ist eine Form von Theater, in der ohne Drehbuch und ohne vordefinierte Dialoge eine Szene aus dem Stegreif gespielt wird. Die Schauspieler fragen das Publikum nach Ideen und Themen und per Zuruf erhalten sie Impulse, welche für die zu spielende Szene relevant sein sollen. Dies können Inputs sein wie z.B. ein Ort, eine Emotion, in der die Szene spielen soll, eine Tätigkeit oder auch eine Überschrift für die Szene («Konfliktmanagement im Paradies», «Nachts sind alle Katzen grau» usw.). Dies genügt, damit die Schauspieler die Szene gestalten können. Dabei haben diese nur wenige Regeln zu beachten und sind darüber hinaus frei. Sie können Beziehungen und Emotionen definieren (also spielen) und in ihren Dialogen Unglaubliches behaupten. Was gesagt ist, gilt als gegeben. Die Schauspieler improvisieren, es kommt zu einer spontan gespielten Szene. Unvorhergesehenes sowie Unbewusstes haben dabei einen besonderen Stellenwert. Ein Handy oder ein Husten im Publikum kann plötzlich die Wende bringen, wenn es aufgegriffen wird. Ob das geschieht, kann jeder Schauspieler bestimmen; er muss dabei blitzschnell entscheiden, ob er es «verarbeitet». Die gespielten Szenen sind somit immer einzigartig und entstehen während des Spielens. Niemand kann vorhersagen, was passieren wird.

Vermeiden oder bejahen?

Was können Führungskräfte und Teams vom Improvisationstheater lernen? Haben denn Theater und andere Kulturformen überhaupt etwas in der Geschäftswelt verloren? In der Tat mutet es zuerst einmal befremdlich an, sich im Business, wo sich alles um handfesten Erfolg dreht, mit Elementen aus dem Theater zu befassen. Doch bei genauerem Hinsehen wird klar: das Improvisationstheater geht wie selbstverständlich mit Aspekten um, welche im Arbeitsalltag oft als hinderlich und möglichst zu vermeiden betrachtet werden. Es lässt sich sogar sagen, dass diese Aspekte eine gute Szene erst möglich machen.

Selbstverständlich kann eine Theatertruppe auch eine schlechte Szene spielen. Sie gefällt dem Publikum nicht, ist vielleicht wenig inspiriert und kaum originell. Doch dieses «Scheitern» ist einkalkuliert und selbstverständlich erlaubt. Wer wagt, gewinnt, kann aber auch mal daneben liegen. Weil dies allen Schauspielern bewusst ist, ziehen alle an einem Strang und wollen die Szene gemeinsam zum Erfolg bringen. Es gilt die selbstlose Devise «Let your partner shine». Denn gegenseitige Unterstützung und Wertschätzung schaffen Vertrauen und spornen an zu gemeinsamem Agieren, zum gemeinsamen Erfolg, dem bestens unterhaltenen Zuschauer. So entstehen neuartige Wege und kreative Lösungen, weil alle ihre besten Ideen einbringen und aufeinander achten.

Unangenehme Begleiter im Berufsalltag

Druck, Risiko und Konflikte sind unangenehme Begleiter unseres Arbeitsalltags. Auch Unsicherheit und Nichtwissen gehören selbstverständlich dazu, und Führungskräfte wie Teams müssen mit ihnen umgehen. Doch wie sehen angemessene Reaktionen aus, wenn es an Fakten und handfesten Informationen mangelt? Was tun im Projekt, wenn der Zeitplan nicht mehr passt? Welche Reaktion zeigen nach Veröffentlichung der vernichtenden Ergebnisse der Kundenbefragung? Wie umgehen mit den hängenden Köpfen in der wöchentlichen Teamsitzung?

Das Improvisationstheater geht mit diesen unangenehmen Facetten spielerisch um. Entscheidend ist dabei die Haltung. Anstatt Energie aufzuwenden, diese Aspekte zu vermeiden, zu reduzieren oder gar zu ignorieren, akzeptieren die Schauspieler ihr Vorhandensein von Beginn an und arbeiten proaktiv mit ihnen. Wer bekennt, nichts zu wissen und es trotzdem zu versuchen, verdient Applaus. Wer vorgibt, alles im Griff zu haben, obwohl klar ist, dass die Verhältnisse viel zu komplex sind, verdient Mitleid. Auf die Impro-Schauspieler trifft ganz sicher Ersteres zu.

Improvisationstheater als Tool

Unverzichtbar für ein gutes Zusammenspiel auf der Bühne ist Vertrauen. Verschiedene Techniken und Übungen können helfen, Vertrauen zu fördern, damit es alle Schauspieler auf der Bühne «trägt». Ebenfalls schult Improvisationstheater das Zuhören («Was sagt mir mein Gegenüber, was höre ich neben dem wörtlich Gesprochenen, und welche Chancen stecken darin?») und ermöglicht den konstruktiven Umgang mit Scheitern. Denn jede Behauptung auf der Bühne kann durch die darauffolgende Reaktion in eine andere Richtung gesponnen werden – ganz anders, als der «Plan» in meinem Kopf dies vorgesehen hat. Es gilt also, den neuen Weg weiter zu spinnen und zu einem guten Ergebnis zu gelangen. Denn schliesslich ist Improvisationstheater ein hervorragendes Format, um trotz der vielen und schnellen Perspektivwechsel gemeinsam Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Damit wird der spielerische Umgang mit Überraschungen (= Unvorhergesehenem) erlernt und Spontaneität gefördert, um in unsicheren Situationen souverän und handlungsfähig zu bleiben.

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Über den Autor

Christopher Schneider

Christopher Schneider verfügt über grosse Erfahrung als Berater, Coach, Dozent und Trainer. Er arbeitet als Senior Berater und Coach im Bereich der Organisationsentwicklung in Bern, spielt seit Jahren Improvisationstheater und steht regelmässig auf öffentlichen Bühnen. Seit einiger Zeit setzt er in seiner Arbeit als Coach und Entwickler neben bewährten Tools und Techniken vermehrt auch auf Theater-Elemente, um unbewusste Potenziale in Teams spielerisch sichtbar zu machen.