Humanoide Roboter im Kundenkontakt – Brainstorming für CxO

Humanoide, also menschenähnliche Roboter, erregen derzeit Aufsehen durch ihr unverwechselbares Aussehen, ihre erstaunlich verbesserte Beweglichkeit sowie ihre Fähigkeit zur Interaktion mit Menschen auf emotionaler Ebene. Dieser Beitrag zeigt, wie humanoide Roboter insbesondere als Assistenten im Retail-Bereich ihr Potenzial ausschöpfen können.

Autor Christian Spindler
Datum 02.07.2018
Lesezeit 10 Minuten

Humanoide, also menschenähnliche Roboter, erregen derzeit Aufsehen durch ihr unverwechselbares Aussehen, ihre erstaunlich verbesserte Beweglichkeit sowie ihre Fähigkeit zur Interaktion mit Menschen auf emotionaler Ebene. Dieser Beitrag zeigt, wie humanoide Roboter insbesondere als Assistenten im Retail-Bereich ihr Potenzial ausschöpfen können.

Der Artikel beruht auf den Erfahrungen, die wir mit Pepper auf vielzähligen Veranstaltungen gewonnen haben. Pepper begrüsst Gäste, führt Dialoge mit Rednern auf der Bühne und bereitet gezielt Informationen aus dem Netz auf. Hieraus ist ein Konzept für eine integrale Betrachtung der Einsatzmöglichkeiten humanoider Roboter als emotionaler Serviceassistent erwachsen.

Die Grundzüge dieses Konzepts werden in diesem Artikel vermittelt. Folgeartikel gehen tiefer auf einzelne Anwendungsbereiche und Aspekte der Implementierung ein.

Wie generieren humanoide Roboter Wert?

Humanoide Roboter interagieren mit ihren menschlichen Gegenübern in vielfältiger Art und Weise. Dies kann direkt durch Sprache und Vermittlung von Information geschehen, jedoch auch subtiler durch ihre physische Präsenz und gezieltes emotionales Verhalten. Wir nennen dies Holobotics, ein Kunstwort aus holistic robotics. Holobotics wird eine zentrale Rolle in den Bereichen Marketing, Sales sowie Customer Service spielen. Konzentrieren wir uns im Folgenden auf die physische Interaktion mit Kunden, beispielsweise in Ladengeschäften oder Bankfilialen.

Bereits heute engagiert sich jedes Unternehmen für seine Kunden und erhebt Daten, indem über die unterschiedlichen Kundenkanäle hinweg reibungslose Abläufe offeriert werden. Neue Technologien ermöglichen es, auch Empathie und Emotion zu vermitteln, um Services und Zufriedenheit der Kunden zu verbessern und letztlich höhere Umsätze zu erzielen. Fünf wesentliche Elemente der Wertschöpfung durch humanoide Roboter in der Interaktion mit Kunden ragen dabei heraus:

  • Begrüssung in der Filiale: Wiederkehrende Kunden werden erkannt, ein erster empathischer Eindruck vermittelt, Neugier ausgelöst
  • Datenerhebung: Neue Verhaltensdaten über Kunden (z.B. Emotionserkennung) werden erhoben, Gewohnheiten der Kunden werden verstanden, bis hin zum Customer Profiling
  • Bewerbung der Marke: In-store-Promotion wird unterstützt und die Wiedererkennung der Marke gefördert
  • Kundenservice: Die mittlere Verweildauer von Kunden im Geschäft wird erhöht, die Empathie gegenüber dem Kunden verbessert und Sicherheitsprozesse des Geschäfts unterstützt
  • Verkaufsunterstützung: Gezielte Werbung, In-store-Targeting und -Marketing ermöglicht. Kunden wird in-store ein emotionales Erlebnis geboten, mit dem Roboter als Online-Real-time-Informationszentrum

Humanoide Roboter ermöglichen es demnach Geschäften, ihre physischen und virtuellen Kanäle zu Kunden zu integrieren. Dabei trägt die Technologie dazu bei, das emotionale Potenzial der Kundenbeziehung bestmöglich anzusprechen.

Wie können humanoide Roboter in die Service-Landschaft von Unternehmen eingebunden werden?

Sehen wir uns das Potential von Robotern in der Kundeninteraktion einmal am Beispiel der Positionierung von Marken an. Konkret könnte ein Roboter in einem Modegeschäft Kunden helfen, ihr persönliches Outfit zu kreieren. Dabei können drei unterschiedliche Service-Modelle zur Anwendung kommen: ein offenes Modell, in dem unterschiedliche Marken, also Mode-Labels, gleichwertig präsent sind. Ein direktes Modell, das von einer Marke spezifisch genutzt wird. Sowie ein kollaboratives Modell, das die vorgenannten Fälle kombiniert und wir gegenüber diesen anderen Modellen präferieren.

Im offenen Modell können mehrere Marken entscheiden, einen intelligenten Agenten (IA) zu erlauben, auf ihre Markendaten zuzugreifen, und in der Folge dem Kunden branded Services anzubieten. Auf der anderen Seite erlaubt dies den Marken, den Agenten zur Verfügung zu haben, ohne selbst zu viel Geld zu investieren. Der Trade-off ist fehlende Exklusivität. Mitbewerber können sich dem offenen Modell anschliessen und Ihre Angebote sind dann Teil der Optionen des IA. Beispiel: Der Roboter kann einem Kunden empfehlen, aus zwei Handtaschen unterschiedlicher Marken auszuwählen.

Im direkten Modell kreieren Marken ihr eigenes, agentenspezifisches Kundenerlebnis. Obwohl dieser Ansatz teurer ist als die anderen Optionen, erlaubt es exklusiven Zugriff auf die den Agenten steuernden Algorithmen und somit vollständige Kontrolle über die eigene Brand Experience. Beispiel: Die Marke offeriert ihre Leistungen über eigene Roboter, Bots, sowie ihre Online-/Mobile-Präsenz.

Zwischen diesen beiden Fällen steht das kollaborative Modell. In ihm können unterschiedliche Marken ihr Angebot direkt in die agentenspezifische Experience einer Partnermarke integrieren. Der Agent ist in der Lage, die Marken je nach Kaufsituation zusammenzustellen. Beispiel: Ein Roboter integriert Facebook Messsenger App und die eigene Marken App innerhalb eines kohärenten Erlebnisses für den Kunden.

Welche Technologien ermöglichen es Pepper, mit Kunden zu interagieren?

Pepper ist ein humanoider Roboter und in der Lage, Emotionen und Stimmungen von Personen zu erkennen und darauf zu reagieren. Pepper kann sehen, sprechen, sich bewegen sowie Information strukturiert auf einem Tablet darstellen. Jede einzelne dieser Anwendungen lässt sich auch mit dedizierter Hardware und Software umsetzen. Holobotics bringt sie in Form eines humanoiden Roboters zusammen.

Die technologische Ausstattung ermöglicht fünf wesentliche Interaktionskanäle mit Pepper:

Videoverarbeitung
Dank der 3D-Kamera, zweier HD-Kameras und weiterer Sensoren kann Pepper in komplexer Umgebung agieren, positioniert werden und Bewegungen in der Umgebung wahrnehmen. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit, Kunden über ihren Account beim Betreten des Geschäfts zu identifizieren und personalisierte Informationen bereitzustellen.

Sprachverständnis und Sprachausgabe
Pepper hat vier gerichtete Mikrofone im Kopf, wodurch sie emotional mit Kunden interagieren kann. Sie erkennt Schallquellen und kann dadurch die Position von Leuten bestimmen. Pepper kann proaktiv auf Kunden zugehen und ermöglicht unkomplizierte Interaktion.

Interaktion durch das Tablet
Pepper kann gezielt Nachrichten an Kunden über das Tablet darstellen. Durch durchgehende Internetverbindung können Inhalte, beispielsweise die Verfügbarkeit von Schuhen in bestimmter Grösse, in Echtzeit abgerufen und dargestellt werden.

Taktile Sensorik
Pepper ist an mehreren Stellen mit taktilen Sensoren ausgestattet, die individuell angesprochen werden können. So ist es beispielsweise möglich, durch Berührung des Kopfes einen Dialog auszulösen. Gleichzeitig triggert eine Berührung des Fusses eine andere, individuell steuerbare Reaktion von Pepper. Die Interaktion mit Pepper gestaltet sich dadurch noch intuitiver.

Bewegung
Pepper kann sich aktiv im Raum bewegen und dabei Hindernissen ausweichen. Er kann Hände reichen, umarmen, sowohl durch Bewegung und Neigung des Kopfes emotional interagieren.

Die gekonnte Orchestrierung all dieser Sensorik und des entsprechenden Verhaltens von Pepper führen zu einem Gesamterlebnis für das menschliche Gegenüber.

Wie kann Pepper in drei Phasen fit für die Kundeninteraktion gemacht werden?

Um Pepper im eigenen Unternehmen in der Interaktion mit Kunden nutzbar zu machen, empfehlen wir drei aufeinander aufbauende Phasen:

Phase 1: Proof-of-Concept
In der ersten Phase ist das Design eines PoC hilfreich, um die grundlegende Funktionalität und eine rudimentäre Sprachinteraktion zu entwickeln. Pepper kann bereits hier als Sales Assistent für Kunden eingesetzt werden. Zur Erfolgsmessung für die Entscheidung für eine nächste Phase kann ein Customer Satisfaction Survey dienen, der die Situation vor und nach der Pepper Experience bestimmt.

Phase 2: Nun werden weiterführende Interaktion umgesetzt. Die Sprachinteraktion wird auf ein höheres Level angehoben und ermöglicht komplexere Dialoge. Möglicherweise werden auch unterschiedliche Sprachen eingebunden. Eine weitere Customer Survey misst die Veränderungen in der Kundenzufriedenheit durch die Verbesserung der Interaktion und ermöglicht mit gezielten Fragen nach den Kundenbedürfnissen eine Planung der Phase 3.

Phase 3: Schliesslich wird die entwickelte Technologie mit den existierenden IT-Systemen der Geschäfte (z.B. CRM), und ebenso mit externen Plattformen (z.B. Facebook), integriert. Parallel werden weitere Kanäle (z.B. Mobile-App, 3D Pepper Avatar) zur Interaktion mit dem Roboter entwickelt. In diesem Schritt findet die finale Spezialisierung von Pepper auf die Bedürfnisse des eigenen Geschäfts oder der eigenen Filiale statt.

Ich freue mich, wenn dieser Artikel ihre Neugier an humanoiden Robotern wie Pepper sowie am Holobotics-Konzept wecken konnte.

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Wo: Air Force Center Dübendorf
Wann: 6. & 7. September 2018

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Über den Autor

Christian Spindler

Daten - ob von Maschinen, Geschäftsprozessen oder von externen Quellen - sind die Basis jedes Mehrwertes aus Digitalisierung und IoT. Mit der Software- und Modellierungs-Boutique  DATA AHEAD ANALYTICS unterstützt Sie Christian Spindler in allen Aspekten zur quantitativen Entscheidungsfindung mit Beratung, Proof-of-Concepts sowie Prozess- und Toolentwicklung. Christian Spindler hat mehr als 10 Jahre Erfahrung mit Data Science und künstlicher Intelligenz. Vor DATA AHEAD ANALYTICS war Christian Spindler Senior Manager bei der globalen Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers, wo er die IoT & AI Aktivitäten innerhalb der Data Analytics Abteilung leitete. Er führte eine Vielzahl von Analytics Projekten in Segmenten Financial Services, Manufacturing, Telecommunications, Pharma und Public Services durch. Vor dieser Station erlang Christian Spindler langjähriges Training in Simulation, Modellierung und Machine Learning durch Tätigkeiten in Managementberatung, industrieller Forschung und Entwicklung, sowie akademischer Forschung. Christian Spindler besitzt eine quantitative Ausbildung mit Doktorat in Physik and erlangte einen M.B.A. mit Auszeichnung der Hochschule St. Gallen.