Holacracy – Herausforderungen bei der Implementierung

Ein Faktor, der unsere Umwelt seit einigen Jahren und auch künftig weiterhin prägen und verändern wird, ist die zunehmende Digitalisierung mit all ihren Auswirkungen. Der stete Wandel erfordert auch die Veränderung von altbewährten Geschäftsmodellen, Unternehmensstrategien, -strukturen, -prozessen und -kulturen. Caroline Bauer, Business-Analyst bei der Swisscom, hat im Rahmen ihrer Masterthesis das Thema näher untersucht und uns Auskunft darüber gegeben.

Autor Sheila Karvounaki
Datum 14.06.2018
Lesezeit 6 Minuten

Unternehmen und Gesellschaft finden sich heute in einer dynamischen und rasch verändernden Welt wieder und sind verschiedenen Einflussfaktoren ausgesetzt. Ein Faktor, der unsere Umwelt seit einigen Jahren und auch künftig weiterhin prägen und verändern wird, ist die zunehmende Digitalisierung mit all ihren Auswirkungen. Der stete Wandel erfordert auch die Veränderung von altbewährten Geschäftsmodellen, Unternehmensstrategien, -strukturen, -prozessen und -kulturen. Caroline Bauer, Business-Analyst bei der Swisscom, hat im Rahmen ihrer Masterthesis das Thema näher untersucht und uns Auskunft darüber gegeben.

Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung sind Unternehmen heute dazu angehalten, sich zu fragen, ob und in welcher Form sie sich weiterentwickeln wollen. Die Einführung von neuartigen Technologien reicht heute bei Weitem nicht aus, um den Weg der digitalen Transformation erfolgreich bestreiten zu können.

Die Digitalisierung wirkt sich auch darauf aus, wie Menschen zusammenarbeiten. Eine mögliche Antwort für Organisationen, um dem Wandel und der Komplexität der heutigen Zeit zu begegnen: das Management-Modell Holacracy® (Holacracy® Organizational Operating System).

Untersuchung zur Implementierung von Holacracy

Welche Herausforderungen bei der Einführung von Holacracy aus Sicht der Mitarbeitenden, ehemaligen Vorgesetzten und der Organisation auftreten können, hat Caroline Bauer im Rahmen ihrer Master-Thesis unter die Lupe genommen. Sie arbeitet als Business-Analyst bei der Swisscom (Schweiz) AG und hat im Sommer 2017 erfolgreich ihren Master of Advanced Studies ZFH in Business Analysis absolviert.

Die im Rahmen ihrer Arbeit erworbenen Erkenntnisse zu Herausforderungen rund um die Implementierung von Holacracy, dienten ihrem Unternehmensbereich primär zur Reflexion. «Die Implementierung von Holacracy im April 2017 bot sich an, um mich im Rahmen meiner Master-Thesis mit den Herausforderungen bei der Einführung aus Sicht der Mitarbeitenden, ehemaligen Vorgesetzten und der Organisation auseinanderzusetzen», so Bauer.

Holacracy – um was geht’s

Holacracy wurde von den Amerikanern Brian J. Robertson und Tom Thomison entwickelt. Es handelt sich um ein Management-System für eine volatile Welt, das traditionelle Management-Hierarchien durch agile und selbstorganisierte Teams ersetzt. Holacracy soll die Möglichkeit bieten, Entscheidungsprozesse schnell und effektiv zu gestalten. Die Holakratie stellt dabei einen möglichen Ansatz für effektive Zusammenarbeit in Teams und Organisationen dar. Das Management-System gehört zu den sogenannten evolutionären Organisationsformen, die von dessen Begründern oft als «lebendige Systeme oder Organismen» bezeichnet werden.

Obschon sich Holacracy auch in der Schweiz grosser Beliebtheit erfreut, wird das Thema doch auch kontrovers diskutiert.

Lernen, zu verlernen

Die Einführung von Holacracy in einem Unternehmen bedeutet für Mitarbeitende und Führungskräfte eine massgebliche Veränderung. Bisherige Vorstellungen einer traditionell hierarchischen Organisation und deren Funktionsweise werden grundlegend verändert. Einen zentralen Aspekt stellt dabei die Verteilung der Macht und Autoritäten dar. Den Führungskräften wird Autorität abgesprochen und auf die Schultern sämtlicher Organisationsmitglieder verteilt.

Der Wandel von der bisherigen hin zu einer neuen Machtstruktur setzt voraus, dass Mitarbeitende und ehemalige Führungskräfte Denk- und Verhaltensmuster aus der Vergangenheit loslassen. «Sie müssen lernen, zu verlernen», so Bauer dazu.

Implementierung und deren Folgen

Die Implementierung des Management-Systems stellt einen radikalen Wandel dar, der mit zahlreichen Herausforderungen für die Organisation und die Mitarbeitenden einhergeht. Durch systemische Intervention wird ein tiefgründiger Transformationsprozess angestossen, der sowohl die Mitarbeitenden als auch die Organisation selbst stark herausfordert. Die im Rahmen der Arbeit von Bauer definierten Hypothesen können Aufschluss geben über Hauptherausforderungen, die im Zusammenhang mit der Einführung von Holacracy auftauchen. Allerdings sind die eruierten Herausforderungen nicht abschliessend und haben entsprechend auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Die schriftliche Befragung bei Mitarbeitenden, die weniger als ein halbes Jahr mit Holacracy arbeiten, hat beispielsweise aufgezeigt, dass die Umstellung von einem klassisch hierarchischen hin zu einem holakratischen Organisationsmodell während der Einführungsphase zu einem Effizienzverlust führte. Ineffizienzen, was die Arbeitsproduktivität während der Einführungsphase anbelangt, bestätigten auch zwei von Bauer interviewte Experten. Diese sind sich einig, dass die Folgengrösse einer solch tiefgreifenden Transformation auf eine Organisation stark zusammenhängt mit deren Erfahrung mit Veränderungsprozessen. Unabhängig davon, sind sich beide einig, dass der Übergang in ein holakratisches System und die Entwicklung einer holakratischen Praxis im Unternehmen zwei Dinge erfordert: Zeit und eine professionelle Begleitung während dem Transformationsprozess.

Bauer arbeitet selbst seit nun über einem Jahr in einer holakratischen Organisation und ist überzeugt: «Holacracy führt in einer Organisation längerfristig zu vielfältigen Vorteilen. So steigt die Mitarbeiterzufriedenheit, der Gestaltungsfreiraum für Mitarbeitende und ehemalige Vorgesetzte nimmt zu und es kommt zu einer erhöhten Produktivität.»

Hilfestellungen auf dem Weg zur Holacracy

Bauer hat aufgrund der gewonnenen Daten und Erkenntnisse in ihrer Arbeit einige Empfehlungen erarbeitet. Diese eignen sich insbesondere während einer frühen Phase der Implementierung von Holacracy. Sie sind jedoch weder abschliessend noch Garant für den nachhaltigen Erfolg des Einsatzes des Management-Systems in Unternehmen:

  • Sinn und Dringlichkeit für Veränderung schaffen
  • Selbstorganisation ermöglichen
  • Transparente Kommunikation im Vorfeld der Implementierung
  • Langfristige Definition und Planung von Begleitmassnahmen für Mitarbeitende
  • Durchführung von Reflexionsrunden
  • Aufbau von Wissen rund um Holacracy und Selbstorganisation
  • Investition in Onboarding-Prozesse und Weiterentwicklung der Mitarbeitenden
  • Langfristig angesetzter Transformationsplan
  • Investition in die verschiedenen Dimensionen Prozesse, Struktur, Strategie, Führung (Selbstführung) und Kultur

Zu guter Letzt lohnt es sich auch, den Austausch mit anderen holakratischen Organisationen zu suchen und aktiv zu führen – im Sinne von Holacracy per se, die zu einem grossen Teil auf dem Prinzip des aktiven Austauschs basiert.


Über den Autor

Sheila Karvounaki

Sheila Karvounaki Marti hat Journalismus und Organisationskommunikation studiert und hat sich über die Jahre auf Online-Kommunikation spezialisiert. Sie ist Community Managerin bei Digicomp und berät als Freelancerin verschiedene KMU bei ihren Online-Aktivitäten. Sie war Leiterin Kommunikation & Community Management an der SOMEXCLOUD GmbH und 10 Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, im Bereich der Projektleitung und -organisation sowie in der Forschung tätig.