Betriebliches Gesundheitsmanagement im KMU – geht das überhaupt?

Ein betriebliches Gesundheitsmanagement kann in einem KMU viel unkomplizierter und partizipativer eingeführt werden, als dies in Grossunternehmen passiert.

Autor Alexandra Meures
Datum 09.01.2017
Lesezeit 8 Minuten

Gleich zu Beginn: Diese Frage lässt sich mit einem klaren JA beantworten. In klein- und mittelständischen Unternehmen lässt sich ein betriebliches Gesundheitsmanagement sogar um einiges schneller und effektiver umsetzen als in einem Grossunternehmen. Sie sehen in diesem Beitrag, wie selbst ein Kleinstunternehmen etwas für die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Mitarbeitenden tun kann.

Wo Menschen zusammenkommen, gibt es Potenzial, etwas Gutes zu bewirken. Die Grösse des Unternehmens spielt dabei eine untergeordnete Rolle: Das Ziel, das in einem KMU mit 200 Mitarbeitenden angestrebt wird, ist meist identisch mit dem Ziel eines KMU mit 20 Mitarbeitenden.

Die drei Säulen des BGM

Beim betrieblichen Gesundheitsmanagement liegt der Fokus massgeblich auf den drei Säulen

  • Prävention (Gesundheitsförderung)
  • Intervention (Absenzmanagement)
  • Integration (Case Management)

Welche Massnahmen in welcher Säule mehr oder weniger zum Tragen kommen, hängt stark vom Bedarf des KMU ab.

Die Basis unter diesen drei Säulen bildet das Betriebsklima. Dieses bildet den Nährboden, der die Grundvoraussetzungen für den Ertrag «der Ernte» bildet. Zu einem wachstumsfördernden Klima zählt die tägliche Achtsamkeit, mit der man wahrnimmt, welche Form von gesundheitsfördernden Massnahmen benötigt und angenommen wird. Sollte der «Nährboden zu sauer sein», schlägt sich dies stark auf die Gesundheit der Einzelnen nieder, und im Bereich Absenzenmanagement muss vermehrt positiv interveniert werden.

Das BGM im KMU: Was ist dabei einfacher und was schwieriger als in einem Grossunternehmen?

Die meisten Modelle und Methoden des BGM können sowohl bei einem kleinen sowie einem mittelständischen Unternehmen eingesetzt werden. Inwiefern es einfacher oder schwieriger wird, hängt dabei zum Grossteil von der Bereitschaft der Beschäftigten ab. Der zeitliche Aufwand ist bei einem Grossunternehmen hingegen meist deutlich ausgeprägter.

Startet man, wie üblich, mit einer BGM-Analyse, ist der Zeitfaktor hierfür in einem Grossbetrieb unwesentlich umfangreicher als bei einem KMU. (Weiterführende Informationen finden Sie hier: Einführung eines BGM in einem Unternehmen)

Für die Umsetzung von Massnahmen in den einzelnen Handlungsfeldern, in denen Bedarf ermittelt wurde, ist der Zeitfaktor hingegen stark abhängig von der Zahl der Beschäftigten.

Die Verbesserung des Wohlbefindens im Unternehmen, die Verringerung von Arbeitsbelastungen und Konfliktpotenzialen und die damit verbundene Steigerung der Arbeitszufriedenheit, Motivation und Mitarbeiterbindung usw. sind ein «People Business», bei dem die Umsetzung und damit der Schwierigkeitsgrad sowie der Zeitfaktor entsprechend stark abhängig sind von der «Verhältnis- & Verhaltenskultur».

Müssen Funktionen innerhalb des Unternehmens geschaffen werden für ein BGM?

Bereits im Kleinen lässt sich viel erreichen. Wer die Devise verfolgt, «Schritt für Schritt zum grossen Ganzen», der hat nicht nur eine erste wichtige Entscheidung getroffen, sondern bereits eine erste Wirkung bei sich und seinem Umfeld erzielt.

Denn um die Wirkung des Einzelnen in der Gemeinschaft, darum geht es im Wesentlichen. Jeder von uns steht zu jeder Zeit in einer Wechselwirkung mit anderen – dies kann positiv wie negativ sein. Im Arbeitsalltag, in dem wir i.d.R. 8 Stunden pro Tag und an 5 Tagen die Woche im «Wechselwirkungs-Verhältnis» stehen, kann entsprechend viel Gutes entstehen, wenn der Fokus darauf gerichtet ist.

Die umfangreichen Bereiche der präventiven Gesundheitsförderung und des Absenzenmanagements greifen vielfach ineinander. Wirkung lässt sich sowohl durch interne wie externe Fachkräfte gestalten.

Bei der Wiedereingliederung von Langzeitkranken sind selbstverständlich verstärkt die internen Personalmanager und Führungskräfte gefragt, wobei diese sowie natürlich die betroffene Person durch einen externen Case Manager eine Zeit lang begleitet werden.

Folgende Schritte lassen sich – je nach Firmengrösse und Kompetenzen – entweder durch interne oder externe Fachkräfte ausüben:

Schritte zur Einführung eines BGM im Unternehmen.
Quelle: Alexandra Meures

Analyse des Betriebsklimas

Diese Analyse kann jedes Klein- sowie Grossunternehmen gemäss seinem individuellen Bedarf sowie seiner Zielausrichtung selbst erstellen und auswerten. Wenn man sich dabei an einen externen BGM-Berater wendet, erhält man zum einen den «Blickwinkel von aussen» sowie Handlungsempfehlungen, die auch Erfahrungswerte mit beiordnen.

Verhältnis und Verhaltensänderungen

Jeder kann bereits «im Kleinen» bei sich beginnen und den Fokus zuerst auf die eigenen Motive und Ambitionen richten. Das jeweils eigene Motiv ist der Antrieb zu einer gewünschten Veränderung und ein wichtiges Element, das – einmal persönlich wahrgenommen – zu einer neuen Unternehmenswahrnehmung führen kann. (Weiterführende Informationen finden Sie hier: Blog zu Change Management)

Dieses einfache Prinzip lässt sich in jeder Organisation anwenden – egal, ob Kleinst- oder Grossunternehmen. Die Frage ist nur, ob es intern Personen gibt, die sich dieser «Fokus-Arbeit» widmen können und wollen oder ob sie z.B. einen ausgebildeten Kommunikations- und Sozialkompetenz-Trainer/Coach hinzuziehen.

Begegnet man diesem Thema auf einer leichten und spielerischen Art, ist die Bereitschaft gross, sich dieser persönlichen Erkundungsreise zu stellen.

Damit erst gar keine internen Widerstände aufkommen, ziehen die meisten Firmen in dieser Startphase einen externen Partner hinzu.

Die weiteren Schritte

Anschliessend widmet man sich den prägnanten Themen, die sich aus der BGM-Analyse herauslesen und priorisieren lassen.

Bei den Aufgabenstellungen kann es darum gehen, eine neue Unternehmenskultur zu entwickeln oder eine komplett neue Organisationsstruktur zu erschaffen. Dies kann einzelne Bereiche der Personal- und Arbeitsprozesse betreffen, die einhergehen können mit Themen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den damit verbundenen neuen Arbeitsmodellen sowie der «gesunden Führung» oder natürlich auch für die in unserer westlichen Welt besonders vordringlich anstehenden Veränderungen durch den demografischen Wandel. Auch wenn es ggf. nur einen Bereich betreffen sollte, ist es dennoch ratsam, die zu erarbeitenden Bereiche und Massnahmen direkt durch ein Management-System zu erfassen und zu steuern. (Weiterführende Informationen finden Sie hier: Einführung eines BGM in einem Unternehmen)

Auch mittelständische Unternehmen können sich diesen Arbeiten in sogenannten «Arbeitszirkeln» annehmen. Solche Zirkel wirken als Team zusammen, um möglichst weitgreifend die Belange und Bedürfnisse der Belegschaft zu erfassen und sich gegenseitig bei der Umsetzung von Massnahmen zu unterstützen, sich zu beraten und reflektieren zu können.

Ein weiteres Team formiert sich oftmals als «Gesundheitszirkel», um sich den Angeboten zur gesunden Ernährung, zu Bewegung und Entspannung zu widmen.

Ob Klein-, Mittel- oder Grossunternehmen – der wichtigste Grundsatz ist immer noch jener von Erich Kästner: «Es gibt nichts Gutes, es sei denn man tut es».

In diesem Sinne gilt: einfach mal anfangen. Im Team (sowie in einem Kurs mit Gleichgesinnten) ist bekanntlich vieles leichter, als es anfangs scheint. Je mehr lösungsorientierte Menschen zusammenkommen, desto besser. In einem Kleinstunternehmen können sich übrigens alle gemeinsam einbringen, denn hier könnten alle «Initiator, Arbeits- und Gesundheitszirkel» sein und sich gleichsam für die Gesundheitsprävention, das Absenzmanagement und die Integration einsetzen.

Am Ende zählen immer die Sinnhaftigkeit der einzelnen Schritte und der Fokus auf das grosse Ganze. Weiterführende Informationen finden Sie in meinen Blog zur «Unternehmenskultur und Arbeitswelt von gestern, heute und morgen».


Über den Autor

Alexandra Meures

Während ihrer 20-jährigen Führungs- und Managementlaufbahn war Alexandra Meures für mehre internationale Firmen im Auf- und Ausbau neuer Geschäftsbereiche zuständig. Ihr lösungsorientiertes, unternehmerisch-soziales Denken und Handeln setzte sie besonders in der Verbindung der Verhältnis- und Verhaltensoptimierung für Mitarbeitende und Unternehmen ein. Dazu zählten u.a. Struktur- und Prozessentwicklung sowie der Aufbau neuer Abteilungen in Gründungs- und Veränderungsphasen. Nicht zuletzt durch ihre internationale Erfahrung mit wertschätzender Arbeitskultur und achtsamer Kommunikation ist sie heute als Consultant und Trainerin im betrieblichen Gesundheitsmanagement tätig. Dies inklusive Analyse, Budgetierung, Entwicklung und Begleitung in der Umsetzung. Qualifizierungen: Executive International MBA, Coach, Trainerin, Gesundheitsberaterin, betriebliche Gesundheitsmanagerin, auch auf Basis «Friendly Workspace» (Label Gesundheitsförderung Schweiz).