Überzeugen Sie mit Ihrer Persönlichkeit

Wie oft stehen sich Ingenieure und Kaufleute fast feindlich gegenüber, wenn es darum geht, sich über Kosten und Nutzen eines neuen Projekts zu einigen. Beide haben inhaltlich Recht und beharren auf ihrem Standpunkt. Hier prallen These und Antithese aufeinander. An diesem Punkt kommt die Persönlichkeit ins Spiel.

Autor Dagmar Kohlmann
Datum 19.02.2016
Lesezeit 5 Minuten

Was zum Beispiel einen Wissenschaftler besonders schmerzt, ist, dass seine Worte (die er für seine wissenschaftlichen Ausführungen verwendet) ausserhalb seines Fachgebiets nicht genügen, um wirklich zu überzeugen. Er nutzt Fachbegriffe und Spezialausdrücke, die nur «Eingeweihte» verstehen und darin auch den tieferen Sinn des Gedankenaustauschs sehen.

So sind Gruppen entstanden, die die Meinung vertreten, dass ausschliesslich Inhalte das Salz in der Suppe des Überzeugens sind und spezifisches Herrschaftswissen notwendig ist, um Ansichten zu vermitteln und Beweisbares durchzusetzen. Das können Spezialisten der IT, Ingenieure, Ärzte, Juristen, Physiker oder sonstige Berufsgruppen sein, die eine Fachausbildung oder ein Studium absolviert haben.

Wie oft stehen sich z.B. Ingenieure und Kaufleute fast feindlich gegenüber, wenn es darum geht, sich über Kosten und Nutzen eines neuen Projekts zu einigen. Der Ingenieur spricht ausschliesslich den Stand seiner Entwicklung an – unabhängig davon, was es kosten wird. Er hält die Neuerungen für zwingend notwendig, um den Erfolg des Unternehmens weiterhin zu garantieren. Der Kaufmann hingegen wird dieser Argumentation, die für ihn inhaltlich zum Teil unverständlich ist, aus Kostengründen nicht folgen.

Jetzt lassen Sie den Ingenieur noch ein wenig überheblich wirken, kompromisslos, was seine Konstruktionen anbelangt, und schon ist der Konflikt vorprogrammiert. Auch der Kaufmann kann stur wirken – obwohl (oder weil) er ausschliesslich die Sicherung der Firmenfinanzen im Blick hat – und somit dem Ingenieur ziemlich auf die Nerven gehen.

Beide haben inhaltlich Recht. Beide beharren deshalb auf ihrem jeweiligen Standpunkt. Alle Argumente sind wieder und wieder ausgetauscht. Hier prallen These und Antithese aufeinander.

An diesem Punkt kommt die Persönlichkeit ins Spiel – sozusagen als Überbrückung für die scheinbar unbeugsame Intention des Einzelnen –, um schliesslich zur Synthese zu verhelfen.

Wie kann die Persönlichkeit dabei mitwirken?

Ein paar Beispiele: Das Persönlichkeitsmerkmal Aufmerksamkeit garantiert eine intensive Zuhörbereitschaft und somit bleibt das Interesse an der Meinung des Anderen bestehen – selbst wenn sie sich zunächst gegen die eigene Meinung richtet. Hier können Argumente hervortreten, an denen beide Parteien positives Interesse haben und die zu einer gemeinsamen, ausbaufähigen Basis führen.

Das Persönlichkeitsmerkmal Offenheit unterstützt den Wunsch zur Synthese. Dabei spielt es keine Rolle, wer offen ist.

Geduld ist ebenso von hoher Bedeutung, da sich ein komplettes Bild über den Sinn des Nutzens manchmal erst am Ende einer Ausführung erschliesst. Vielleicht drückt sich der Gesprächspartner ungeschickt und langatmig aus und lässt dadurch frühzeitig die Verteidigungsstrategie desjenigen anspringen, der seine eigene Darstellung überzeugender findet. Er fällt schnell ablehnend ins Wort und unterbricht ungeduldig die Ausführungen seines Gegenübers – die Bereitschaft für eine Einigung ist stark gefährdet.

Begeisterungsfähigkeit kann ansteckend und mitreissend sein und durchbricht das nervige Ping-Pong des Argumente-Austauschs. Diese Stimmung lädt ein zur Suche nach Gemeinsamkeiten und erhöht die Kompromissbereitschaft.

Freundlichkeit, Charme, Charisma garantieren ebenso ein fruchtbares Klima, verstärken die natürliche Überzeugungskraft und führen eher in Richtung eines Erkenntnisfortschritts (Synthese).

Charakterliche Prägungen hingegen wie Sturheit, Überheblichkeit, Rechthaberei, Wortklauberei, Besserwisserei, Ungeduld, Gereiztheit führen zu einer reinen Vernunftsdiskussion anhand von Beweisen. Leider hat dies noch nie zu einer allerseits befriedigenden und dauerhaft tragfähigen Lösung geführt, obwohl man sich das im Nachgang so einredet – man ist schliesslich zu einer Einigung gelangt. Und fürchtet sich insgeheim vor der nächsten Sitzung, da der «Verlierer» noch eine Rechnung offen hat.

Fazit

Wer sich freundlich, geduldig, aufmerksam sowie willensstark den Ausführungen eines Andersdenkenden widmet, signalisiert dem Gegenüber sein Interesse. So kann sich eine anfängliche Gegnerschaft unmerklich in eine Interessengemeinschaft verwandeln, die alle Grundlagen für eine Synthese in sich trägt. Im Klima der Verbissenheit treibt oft der Faktenwettbewerb hohe Blüten. Im Klima des gegenseitigen Wertschätzens hingegen (trotz anfänglich entgegenlaufender Standpunkte) sind die Lösungen dauerhafter, da von allen mitgetragen.


Über den Autor

Dagmar Kohlmann

Dagmar Kohlmann selbstständige Trainerin für Reden, Kontern und Verkaufen. Ihre Bücher «Gestern Kollege – heute Vorgesetzter» und «Kontern - aber wie?» erschienen im Gabal Verlag. 1996 gründete sie die heutige DKS-Akademie GmbH.