Gestern Kollege – heute Vorgesetzter:  Motivation

Durch den Wechsel vom Mitarbeiter zum Vorgesetzten steigt die eigene Motivation, etwas zu bewirken. Doch wie kann diese Motivation wirklich genutzt werden?

Autor Dagmar Kohlmann
Datum 02.12.2015
Lesezeit 5 Minuten

Frage: Wann und wodurch ist hohe Motivation am deutlichsten erkennbar? Antwort: Bei jemandem, der gerade den Job gewechselt hat.

Diesen starken Motivationsanstieg erleben auch die neuen Chefs/Chefinnen, die innerhalb der Abteilung den Rollentausch in die nächsthöhere Ebene geschafft haben. Die Aufsteiger möchten mit ihrer neu entfachten Begeisterung in ihrer «alten» Abteilung etwas bewirken, Störendes verändern und das Team zum Erfolg führen – letzteres erwartet auch die Geschäftsleitung.

Der Vorteil der aufgestiegenen Chefs (gegenüber einer Neueinstellung von aussen) ist: Sie kennen ihre Ex-Kollegen, deren Schwächen und Stärken sehr gut und sie meinen zu wissen, wo sie den Motivationshebel zur Leistungssteigerung ansetzen können.

Zum Beispiel mit Hilfe der drei Dimensionen:

  1. Leistungs-bereitschaft
  2. Leistung-fähigkeit
  3. Leistungs-möglichkeit

Irgendwie hat sich der Gedanke in jede Motivationstheorie eingeschlichen, dass schwache Leistung automatisch mit mangelnder Leistungsbereitschaft zu tun hat. Es wird unterstellt, dass diesen Mitarbeitern die Arbeitsmoral fehlt und dass der Mensch von Natur aus bequem und träge ist. Es müsste nur die Schraube der Bereitschaft ein wenig fester angezogen werden und schon funktionierte der Mensch wieder im Sinne des Unternehmens.

Untersuchen wir den Bereich Leistungsfähigkeit: Sie haben einen Mitarbeiter, der am PC mittelmässige Arbeit leistet. Haben Sie geprüft, ob seine Fähigkeiten überhaupt ausreichen, die Anforderungen zu erfüllen, die dieser Posten verlangt? Er wird sich nicht die Blösse geben, dies einzugestehen! Die Angst vor Repressalien ist zu ausgeprägt. Oder vielleicht weiss er gar nicht, was für Entfaltungsmöglichkeiten in ihm stecken. Sollten Sie zu Kollegenzeiten gemerkt haben, dass er sich permanent überfordert fühlt, dann könnte ein PC-Training schon Wunder wirken. Wenn Sie an ihn glauben und ihm seine Weiterentwicklung zutrauen, wird er sich gerne den neuen Herausforderungen stellen.

Mangelnde Leistungsmöglichkeit schlägt dann zu, wenn die Menschen ihre Fähigkeiten durch unzulängliche Rahmenbedingungen nicht entfalten können. Wenn z.B. die Hardware veraltet ist oder aus Gründen der Sparsamkeit die Software nicht verbessert wird, dann sind die fehlenden Möglichkeiten die Verursacher für mittelmässige Leistung.

Diese Art der differenzierten Beobachtung setzt voraus, dass Sie Ihre Mitarbeiter sowie die Schwachstellen im Arbeitsumfeld im Fokus haben.

Eine weitere – kaum genutzte Motivationshilfe – ist: Motivation durch Lob

Leider verhindern unbewusste Assoziationen oft, dass Lob ausgesprochen wird. Z.B.:

  • «Lob spenden»  (Lob ist doch keine Wohltätigkeit)
  • «Lob und Tadel» (old school)
  • «Lobhudelei» (wird nicht ernst genommen)
  • «wegloben»  (manchmal sinnvoll, aber negativ besetzt)
  • «Wenn ich zu viel lobe, ist sofort eine Gehaltserhöhung fällig …» (unnötige Diskussion vermeiden)
  • usw.

Diese oder ähnlich semantisch geprägte Bedeutung des Wortes «Lob» verhindern seine Anwendung. Dabei ist jedem bekannt, dass Lob im Übermass vorhanden ist. Es muss nicht eingekauft werden, es kostet nichts extra, es hat hoch motivierende Wirkung.
Taufen Sie doch den Begriff «Lob» um in «Anerkennung», «Beachten» oder «Wahrnehmen». Schaffen Sie eine Kultur der Transparenz. So können Sie offen äussern, wenn sich Ihre «Crew» weit vom Ziel entfernt hat – und gleichzeitig gute Leistung feststellen.

Gute Leistungen zu ignorieren, ist der grösste Motivationskiller der neuzeitlichen Führung.

Was sich als weiterer Motivationskiller herausgestellt hat, ist, einen  «Köder» auszuwerfen. Heisst: Sie stellen im Vorfeld eine Prämie dafür in Aussicht, dass der zukünftige Auftrag erfolgreich abgeschlossen wird.  Das sogenannte  wenn…-dann…-System. Diese Massnahme bedient wieder die Unterstellung, «der Mensch ist von Natur aus bequem und träge … und nur wenn er mit einer Belohnung gelockt wird, setzt er alle Kräfte frei …»

Erfolgreicher ist, vorher nichts zu versprechen, sondern im Nachhinein den Erfolg anzuerkennen. Hiermit fördern Sie die «intrinsische Motivation» (eben jene Begeisterung, die der frisch Beförderte verspürt). Es ist eine innere, aus sich selbst entstehende Motivation.  Bestimmte Tätigkeiten macht man einfach gern, weil sie Spass machen, sinnvoll oder herausfordernd sind oder einen schlicht interessieren. Intrinsisch motivierte Tätigkeiten werden – im Gegensatz zur extrinsischen Motivation – um ihrer selbst Willen durchgeführt und nicht, um eine Belohnung zu erlangen oder eine Bestrafung zu vermeiden.

Fazit

Schaffen Sie ein Umfeld, in dem die Mitarbeiter und Ex-Kollegen ihre Fähigkeiten entfalten und einsetzen können. Und: Gute Leistung anzuerkennen, ist einer der begehrtesten Wünsche aller Mitarbeiter – erfüllen Sie diese!


Über den Autor

Dagmar Kohlmann

Dagmar Kohlmann selbstständige Trainerin für Reden, Kontern und Verkaufen. Ihre Bücher «Gestern Kollege – heute Vorgesetzter» und «Kontern - aber wie?» erschienen im Gabal Verlag. 1996 gründete sie die heutige DKS-Akademie GmbH.