Service-Management-Praxis: ITIL® entschlacken

Wagen Sie den Frühlingsputz und räumen Sie angestaubte ITIL®-Prozesse aus. Markus Schweizer stellt die Entschlackungskur vor.

Autor Markus Schweizer
Datum 17.03.2015
Lesezeit 4 Minuten

Es wird Frühling und alle reden vom Abnehmen. Selbst in der IT ist die Lean-Welle in Form von agilen Methoden mittlerweile angekommen. Nur die Prozess-Frameworks werden immer umfangreicher: ITIL® hat von den 27 Prozessen in V3 nochmals um 3 Prozesse zugenommen; auch COBIT hat von Version 4.1 auf 5 um 3 Prozesse auf nun 37 zugelegt!

Kein Wunder, gibt es mit DevOps nun eine Bewegung, die gezielt versucht, Elemente des Lean Managements bis in den IT-Betrieb hineinzubringen. Damit wird auch die Kritik an den Prozess-Frameworks lauter: zu schwerfällig, zu rigide, zu bürokratisch. Nur: Zurück zu den guten alten Zeiten, wo man mal schnell hier einen Patch einspielte, da eine Konfiguration veränderte und sonst noch ein paar Scripts aus dem Ärmel schüttelte, geht trotzdem nicht. Dazu sind die Umgebungen zu komplex geworden und die Compliance-Anforderungen zu hoch.

Eine Forderung der DevOps-Bewegung ist jedoch wirklich sehr sinnvoll und dank neuen Technologien auch immer einfacher machbar: die Automatisierung! Mit ganz neuen Konzepten wie «Datacenter-as-a-Software» kann man Qualität und Kapazität von betrieblichen Prozessen stark verbessern. Damit sollten sich die Widersprüche zwischen den Frameworks und den Lean-Anforderungen auflösen lassen.

Gerade jetzt lohnt es sich deshalb, sich etwas von der ITIL®-Doktrin zu lösen und mit gesundem Menschenverstand zu betrachten, welche Prozesse wir denn wirklich brauchen, um sinnvolles Service Management zu machen.

Die Entschlackungskur

  • In der ITIL®-Version 2011 hat man einen Prozess zur Service-Strategy-Entwicklung definiert, der meines Erachtens unnötig ist. Der Serviceaspekt sollte lediglich integrierter Bestandteil der IT-Stategieentwicklung sein. Analog dazu müsste es ja auch einen Service-Design-Prozess oder einen Service-Architektur-Prozess geben – ITIL® ist hier nicht konsequent.
  • Demand Management mit seinen Patterns of Business Activity ist zwar ein faszinierendes Thema, aber ich bin mir nicht sicher, ob es dafür wirklich einen eigenen Prozess braucht. Ein Business und seine IT kennen die spezifischen Muster der eigenen Geschäftstätigkeit normalerweise schon sehr gut – der Rest kann im Rahmen des Kapazitätsmanagements erledigt werden.
  • Serviceportfolio und Servicekatalog-Management sind unterschiedliche Betrachtungen des selben Datenstamms: Serviceinformationen. Sie können im selben Prozess gesammelt und ausgewertet werden.
  • COBIT fasst Capacity Management und Availability Management zusammen. Und wenn man schon dabei ist, kann man Event-Management auch gleich dazunehmen und einen schlanken Prozess bauen, der sich um Konfiguration und Auswertung von Monitoring-Daten kümmert.
  • Die überflüssigsten Prozesse in ITIL® sind mit Sicherheit Design Coordination und Transition Planing und Support. In jeder gut geführten IT-Organisation gibt es ein Project Management Office (PMO), das genau diese Aufgaben wahrnimmt!
  • Genauso unnötig ist der Change-Evaluation-Prozess, solange man eine gute Prozess-Governance und einen robusten KVP hat.

Damit hat man ITIL® auf überschaubare 19 Prozesse reduziert, von denen man viele automatisieren, ohne die aber auch die schlankste IT-Organisation nicht leben kann!

Die abschliessende Grafik zeigt die entschlackte ITIL®-Prozess-Landkarte:

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Über den Autor

Markus Schweizer

Markus Schweizer ist Digicomp Trainer, ITIL®- und Cobit®-Experte und Strategie-Berater bei Plat4mation für alle Belange des IT-Managements. Zuvor arbeitete er für IBM und PwC und verbrachte er neun Jahre in den USA, wo er Grossfirmen beim Einsatz von Service-Management-Konzepten beriet. Seine Beratungsschwerpunkte sind IT Business Management, interne Digitalisierung, Governance und SIAM.