Prezi oder PowerPoint – welches Tool unterstützt eine gute Präsentation?

Fast alle Präsentationen werden mit PowerPoint gemacht – dabei bietet sich mit Prezi ein Tool mit ganz anderen Möglichkeiten an. Kursleiter Oliver Müller hat die beiden Tools unter die Lupe genommen.

Autor Oliver Müller
Datum 23.02.2015
Lesezeit 10 Minuten

Gefühlt 95% aller Präsentationen bedienen sich PowerPoint als Hilfsmittel – und seien wir ehrlich: Die meisten davon sind langweilig. Prezi verspricht mit seinem Konzept ein nahtloses, schwebendes, inhärent spannendes Erzählen – was die Zuschauer mit Übelkeit und Schwindel quittieren. Kann man die beiden Werkzeuge vergleichen? Ja, aber das Werkzeug macht trotzdem keine gute Präsentation aus.

Sowohl in PowerPoint als auch in Prezi sind wir beim Grossteil aller Präsentationen gelangweilt. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Eine gute Präsentation hängt nicht von den verwendeten Werkzeugen ab. Wir starten diesen Post deshalb mit einer kurzen Betrachtung, was eine schlechte Präsentation ausmacht und evaluieren danach, welche Vorteile die Tools bieten.

Die Erzfeinde der guten Präsentation

Es gibt 1000 Arten, eine gute Präsentation zu halten. Stil, Ziel, Publikum, Umgebung, Stimme, Gestik – ein ästhetisches Urteil wie «gut» unterliegt immer einer subjektiven Meinung. Dermassen relativierend benennen wir lieber die Umstände, die sicher dazu führen, dass eine Präsentation beim Zuschauer durchfällt.

Vermisst: Ihre Botschaft
Was möchten Sie im Kern Ihrem Publikum mitteilen? Wenn Sie das nicht kurz und prägnant formulieren können, wird Ihre Botschaft das Publikum bestimmt nicht erreichen.

Fehlende Struktur
Lose Abfolge von unzusammenhängenden Slides, keine Zwischenschritte mit Zusammenfassungen. Strukturieren Sie einfach: Problemdarstellung, drohende Konsequenzen, Lösungsmöglichkeiten, Herausforderungen bei der Lösung, Resultate und erfolgreiche Beispiele.

Komplexität in der Darstellung
Unübersichtliche Schemata, zehn verschiedene Fonts in fünf Farben auf einer Slide, abstrakte Konzepte, keine Beispiele. Verwirrte Zuschauer reagieren mit Desinteresse und zücken das Handy.

Überladene Folien
Eine Folie dient nicht als komplett ausformulierter Spickzettel für Ihre Rede.

Keine Vorbereitungszeit
Nehmen Sie sich vor der Präsentation genügend Zeit, um alles einzurichten.

Fehlende Flexibilität
Erlauben Sie Zwischenfragen und Abweichungen vom Programm. Manchmal will das Publikum etwas anderes, als Sie sich ausgedacht haben.

Haben diese Punkte etwas mit einem Präsentationstool zu tun? Ganz klar: Nein. Kein Werkzeug schützt Sie vor den Stolperfallen einer guten Präsentation. Schlechte PowerPoint-Präsentationen lässt das Publikum meist einfach über sich ergehen. Eine Prezi weckt allenfalls höhere Erwartungen: Nur Präsentatoren mit einer hohen Frequenz an Auftritten tun sich die Lernkurve von Prezi an. Ergo sollte die Präsentation gut sein. PowerPoint und Prezi vermeiden nicht automatisch eine schlechte Präsentation. Sie bieten Ihnen jedoch einen Werkzeug-Kasten, falls Sie eine gute Präsentation halten möchten.

Auf den Kontext kommt es an

Die Frage, was eine gute Präsentation ausmacht, ist komplexer zu beantworten. Das Ziel und das Umfeld der Präsentation muss berücksichtigt werden. Möchten Sie mit überschaubarem Aufwand sehr zahlenlastige Informationen mit Grafiken und Tabellen intern Ihrem Team präsentieren und die Präsentation anschliessend als für sich sprechendes PDF ablegen? Hier rate ich Ihnen zu PowerPoint. Möchten Sie eine Idee evaluieren, Vor- und Nachteile präsentieren, zur Diskussion anregen und die Präsentation ortsungebunden vorführen? Eher ein Fall für Prezi.

Prezi bietet Ihnen eine Vielzahl an Templates, die bereits ein narratives Element visuell darstellen: Eisberg, Waage, Pfad, Fussstapfen oder einen Baum, um ein Problem mit all seinen Verästelungen zu evaluieren. Sie können also Ihre Präsentation als Geschichte aufbauen und eine gängige und verständliche Metapher für die Organisation der Inhalte verwenden. Diese kann, muss aber nicht linear-narrativ gehalten sein. Sie können jederzeit aus dem Bildausschnitt auszoomen und das Big Picture zeigen. Das ist sicherlich einer der grössten Unterschiede von Prezi und PowerPoint: Die Inhalte in Prezi werden auf einer grossen Leinwand arrangiert und entlang Ihrer Argumente miteinander verbunden. Die hierarchische Ebene wird nicht mit Kapitelnummer durchgezählt, sondern mittels Ein- und Auszoomen visuell dargestellt.

Exploration vs. Effizienz

Explorative Präsentationen wie Ideen-Findung, Mind Maps, Brainstorming lassen sich sehr gut mit Prezi erfassen und präsentieren. PowerPoint hat seine Stärken in der Verbindung zu den anderen Office-Tools, allen voran Excel. Tabellen, Grafiken, Charts – zum Beispiel für einen Quartalsbericht – sind sehr viel schneller und einfacher in PowerPoint zu realisieren. Auch die Integration von zusätzlichen Agendapunkten kann bei Prezi schnell zu einer aufwändigen Umstellübung ausarten. Wer eine Präsentation höchsteffizient erstellen will, spart mit PowerPoint Zeit.

Der Wow-Effekt

Setzen Sie sich das Ziel, Ihr Publikum in Staunen zu versetzen, halten Sie sich lieber an die Regeln gegen eine schlechte Präsentation als zu sehr an ein effekthascherisches Tool. Mit Prezi lösen sie vielleicht zu Beginn einen Wow-Effekt aus. Dieser schlägt aber schnell in Ärger um, wenn die Präsentation nicht den geweckten Erwartungen entspricht. Prezi-Betrachter klagen bei unvorsichtigem Einsatz der Zooming-Funktion über Schwindel und Übelkeit.

Gute PowerPoint-Slidedecks können ebenso überraschen und in Erstaunen versetzen. Die Software bietet für Meister ihres Fachs einen sehr ausgiebigen Funktionsumfang. Wow-Präsentationen halten sich aber auch an die Basis-Regeln: passende Fonts, höchstens zwei bis drei Farben, einheitliche Bildsprache, wenig Inhalte, überraschende Wendungen, eine starke Storyline mit guten Praxisbeispielen. Alle Funktionalität löst sowohl in Prezi wie in PowerPoint nur dann einen Wow-Effekt aus, wenn die Botschaft und das Argument dabei verstärkt werden. Effekte des Effekts willen sorgen dagegen für Missmut.

Prezi vs. PowerPoint – der Vergleich

Prezi kann Ihre Inhalte auf eine neue, immer noch bei vielen unbekannte Art und Weise präsentieren, aber unterschätzen Sie den Erstellungsaufwand nicht. Gerade wenn Sie Tabellen und Charts integrieren möchten, müssen Sie die Illustrationen in einem externen Programm wie Illustrator als vektorbasierte Grafiken erzeugen und in Prezi hochladen. Als Flash-basiertes Cloud-Programm ist zudem die Anpassungsfähigkeit an ein CI/CD mit exakt definierten Fonts, Aufzählungszeichen und Abständen von Logo zu Weissraum ein kostspieliges Unterfangen, was nur in der Corporate Licence möglich ist. Sogar als Pro-Lizenznehmer für 159 Dollar im Jahr müssen Sie sich mit den vorgegebenen Fonts und Symbolen begnügen. Dafür können Sie mit dieser Lizenz im Team an einer Prezi gemeinsam arbeiten und online ortsunabhängig präsentieren.

Hier spielen die Stärken von PowerPoint: Im Office-Paket mitgekauft, fallen keine zusätzlichen Kosten an. Das CI/CD lässt sich relativ problemlos mit der Master-Slide abbilden und in Kollaboration mit Excel sind Grafiken und Tabellen im Handumdrehen in die Präsentation integriert. Für interne Präsentationen, die mehr der effizienten Informationsvermittlung dienen, kommt Prezi nicht an die Geschwindigkeit von PowerPoint heran. Auch eine einfache Prezi verschlingt schnell zwei Stunden nur für die Erstellung. PowerPoint lässt sich einfach ausdrucken und als PDF oder Handout verwenden, was zwar bei Prezi ebenfalls als Funktionalität besteht, aber eher unsinnig herauskommt. PowerPoint kennt jeder und alle Rednerpulte dieser Welt sind technisch auf PowerPoint vorbereitet – das spart Ihnen Überraschungen kurz vor dem Beginn Ihrer Präsentation.

Übersicht der Vor- und Nachteile

PowerPoint Prezi
Vorteile
  • Sehr verbreitet
  • Schnell erstellt
  • Tabellen und Diagramme integriert
  • CI/CD-fähig: Fonts und Symbole
  • Sichere Option: Technik und Audience
  • Gut für lineare Zusammenhänge
  • Animationen und Übergänge
  • Hyperlinks integrierbar
  • Einfach auf Slideshare hochzuladen
  • Handouts
  • Alles auf einer grossen Leinwand
  • Zooming-Funktionalität
  • Non-linear: Betrachter kann eigenen Weg wählen
  • Regt zum Erzählen an
  • Lebendige Bewegungen
  • Zusammenhänge sind visualisiert
  • Big Picture und Mind Map
  • Browser-basiert: überall Zugriff
  • iPhone-, iPad-tauglich
  • Collaboration integriert
  • Webinar-Funktionalität integriert
  • Eigene Share-Plattform
Nachteile
  • An eine andere Stelle zu springen ist schwierig
  • Manchmal zu gross für E-Mail
  • Einfachheit verleitet zu Einfachheit
  • Erweitere Funktionen nicht einfach
  • Kann einfach missbraucht werden
  • Kein integriertes Chart-Tool
  • Diagramme müssen ausserhalb von Prezi erstellt und dann hochgeladen werden
  • Teuer in der Pro-Version
  • Keine Android-App
  • Schwierig auszudrucken
  • Slidedeck auf Slideshare macht wenig Sinn
  • Anpassung an CI/CD sehr limitiert
  • Zu viel Bewegung verursacht Ablehnung beim Publikum
  • Zwang, sich eine Geschichte auszudenken
  • Handhabung schwieriger zu erlernen
  • Kreation einer Prezi dauert länger
  • Flash crasht manchmal
  • Files sind in Cloud. Kontrolle?

 

Fazit

Grundlage einer guten Präsentation sind Struktur, Argumente und einige gestalterische Regeln. Erst dann spielt die Wahl des passenden (ich wähle hier absichtlich nicht den Begriff «richtig») Tools eine Rolle. Beachten Sie den Kontext: Geht es Ihnen um Verblüffung, Story, Kreation – dann kommen die Vorteile von Prezi zur Geltung. Möchten Sie hingegen in kurzer Zeit eine gelungene Präsentation erstellen, rate ich Ihnen zu PowerPoint.

Was sind Ihre Erfahrungen mit PPT und Prezi? Verwenden Sie andere Tools? Wo würden Sie Keynote einordnen? Ich freue mich auf Ihre Kommentare.


Über den Autor

Oliver Müller

Seit Juni 2012 ist Oliver Müller für das Business Development bei Digicomp verantwortlich. Er führte in dieser Funktion die Geschäfte der Somexcloud seit dem Zusammenschluss mit Digicomp und verantwortete den Aufbau neuer Lehrgänge und Kurse in Digitalem Marketing und Social Selling. Als Scrum Master hat er für Digicomp das Framework auf Unternehmensweiterbildungen adaptiert und leitet nun agile Lernsprints in Firmen mit dem Ziel "Mastering Digital Change". Mit seiner eigenen Kommunikationsfirma «King Content GmbH» berät Unternehmen in der strategischen Verwendung von digitalem Content zur Leadgenerierung oder Marketing Automation. Privat verbringt er seine Zeit in den Bündner Bergen bei Skifahren, Tennisspielen und Wein trinken vor dem Kaminfeuer.