Praktische Tipps für bessere Online-Meetings

Online-Meetings sind ein sensibles Terrain, um achtsame und beziehungsorientierte Führung zu leben. Trainer Christian Herbst teilt seine praktische Erfahrungen für besser geführte und besser vorbereitete Online-Meetings.

Autor Christian Herbst
Datum 11.12.2020
Lesezeit 9 Minuten

In den Kursen, Workshops und Meetings, die ich virtuell leite, habe ich ein «real life mindset». Während ich Online-Meetings oder Kurse durchführe, blende ich geradezu aus, dass es virtuell ist. Ich verhalte mich, als ob wir in einem Raum sind. 

Bei der Planung überlege ich mir: «Was würde ich tun, wenn ich diese Leute physisch bei mir hätte?»

1 Verbindung zum Team schaffen

Ich möchte immer eine Verbindung mit den Teilnehmern herstellen. Wenn die Gruppe nicht zu gross ist, möchte ich von jedem wissen, wie es ihr oder ihm gerade geht, wie er oder sie in diesem Meeting ist. Ich erzähle das auch von mir. Ganz offen und ehrlich, auch wenn ich nicht in «Top-Form» bin. 

2 Ziel des Meetings definieren

Dann ist mir wichtig, dass jeder weiss, um was es im Meeting geht und dass ich aufnehmen kann, was eventuell sonst noch wichtig ist für die Teilnehmenden.

3 Interaktion ermöglichen

Ich möchte ein Meeting (virtuell oder nicht) immer kreativ und interessant gestalten. Also kein «begleitetes Vorlesen» von 45 PowerPoint-Folien mit je 15 Bullet Points, sondern Mitarbeit, Post-its, Gruppenarbeit, Interaktion und Medienwechsel.

4 Pausen einplanen

Online an einem Meeting teilzunehmen, kostet mehr Energie. Deshalb braucht es mehr Pausen. Kurze 5-10 Minuten Pausen nach spätestens 45 Minuten und wenn es länger geht, mal eine viertel Stunde oder mehr, damit die Teilnehmenden rausgehen können, sich bewegen und Luft tanken. 

5 Feedback einholen

Am Ende des Workshops möchte ich Feedback: «Was ist angekommen bei Euch?», «Wie war das Meeting für Euch?». «Was können wir (auch ich als Moderator/Leiter des Meetings) besser machen».

Diese fünf  genannten Punkte sind sowohl bei physischen als auch bei virtuellen Meetings relevant. Bei der Planung von virtuellen Zusammenkünften ist es allerdings noch wichtiger alles gut durchzudenken und das Verhalten darf und soll viel explizierter sein. 

Worauf du insbesondere bei der Vorbereitung von virtuellen Meetings achten solltest:

  • Du drückst mit Worten aus, was sonst durch Körpersprache kommuniziert wird. Die Mimik darf ausgeprägter sein. Du bist «on air». Wenn man einen Film dreht, muss man auch viel stärkere Gestik haben also normal.
  • Die Teilnehmenden bekommen von Dir bereits vorab die richtigen Werkzeuge bereitgestellt und können diese vorher testen. 
  • In Onlinemeetings ist eine noch aktivere Rolle der Moderation gefragt. Regeln müssen erklärt und geklärt werden: Wer redet wann, Stummschaltung an/aus, um zu sprechen, alle Kameras an, Hand heben bei Einwand usw. 
  • Gruppenräume sind parat. 
  • Zwei Bildschirme sind Grundausstattung. 
  • Ton ist gut, ein zusätzliches Mikro ist keine grosse Investition und macht einen riesen Unterschied
  • Visuell ist alles gut ausgeleuchtet (3-Punkt-Beleuchtung) und als Moderator*in bist Du bereit für die Kamera.  
  • Während dem Meeting sind bei Dir die zusätzlichen Online-Tools offen, die nicht gebrauchten Programme, vor allem die Programme die Benachrichtigungen an meinen Bildschirm schicken, sind ausgeschaltet. 
  • Alles funktioniert, das hast Du natürlich vorher nochmal getestet.

Mit positiver Einstellung ins Meeting

Ja, virtuelle Meetings sind nicht dasselbe, als wenn man zusammen in einem Raum ist. Es fehlt die Berührung und zusätzliche Informationen, welche nonverbal kommuniziert werden. Bei Online-Meetings an denen ich teilnehme, höre ich immer wieder schon in der Einleitung: «Es tut mir leid, dass wir uns nicht physisch treffen können, sondern nur online.» «Es ist halt nicht dasselbe, lassen Sie uns das Beste draus machen». 

Die oder der Leitende des Meetings und die Teilnehmer sind so von Anfang an in einer extrem niedrigen Erwartungshaltung und gehen jetzt davon aus, dass menschliche Nähe oder echte Interaktion hier einfach nicht geht. 

Wir brauchen eine Einstellung, die uns und den Teilnehmenden hilft, positiv in ein virtuelles Meeting zu gehen. Ich gehe solche Meetings immer so an, dass ich das «digitale» ausblende. 

Ich habe hier 10, 15 oder mehr Menschen vor mir, die ich sehe, mit denen ich reden kann, deren Gesichter ich lesen kann, die mir Signale geben können, wenn Sie etwas sagen wollen und die zuhören können, wenn sie wollen. Sie können mir sogar Nachrichten schreiben. Die Menschen sitzen an unterschiedlichen, manchmal sehr spannenden Orten und sind doch «bei mir im Büro». Grossartig! 

In virtuellen Meetings sind Dinge möglich, die sonst nicht gehen:

Ich war mal Teil eines Online-Meetings mit über 200 Personen. Es ging um innovative Projekte, welche die gesellschaftlichen und ökologischen Themen unserer Zeit lösen wollen. Wertvolle Vorträge und Gruppenarbeiten. Einzelne konnten sich melden und mitdiskutieren. Ich war in einer Kleingruppe mit einem Greenpeace Aktivisten, der sich gerade aus seiner Kajüte in der Antarktis zugeschaltet hatte. Wie cool ist das denn!

Ich leite einen Workshop über beziehungsorientierte Führung an der Technischen Universität in München. Bisher immer ein Präsenzkurs, jetzt digital. Der Kurs geht zwei Tage lang. Von 9h bis 16h. 16 Teilnehmende waren es im Oktober 2020 im Online-Kurs. Hier das schriftliche Feedback eines Teilnehmers:

“Lieber Christian, nochmal ein großes Lob für das durchdachte Seminar. Ich habe trotz meines Vorwissens viel mitgenommen und vor allem die angenehme Atmosphäre genossen. Du hast es wirklich geschafft, eine „learning zone“ in dem Seminar zu schaffen, die es mir erlaubt hat, auch mal meine Komfortzone zu verlassen. Chapeau!”

Ich schreibe das hier, damit deutlich wird, selbst ganztägige Workshops können online gut funktionieren.

In einem anderen Kurs, den ich online gebe, geht es um tiefere psychologische Themen und ich erlebe bei den auf 10 Teilnehmende begrenzten Kursen, sehr tiefe Gespräche, auch einfach untereinander. Es fliessen Tränen und die Teilnehmenden unterstützen sich gegenseitig. In den Kleingruppen von ca. 3-5 Personen werden Rollenspiele durchgeführt, um neues Verhalten einzuüben. Nach 7 Kursen zu je 2.5 Stunden sind die Teilenehmenden eine enge Gemeinschaft geworden. Sie tauschen Adressen aus und wollen in Kontakt bleiben. 

Mit diesen Beispielen möchte Dich inspirieren, ermutigen und einladen virtuelle Meetings als Werkzeug für Führung zu nutzen. 

Wenn Du möchtest, kannst Du hier schon mal einen Schritt in Richtung positive, virtuelle Führung gehen:

Beschäftige Dich doch gern mit den folgenden Fragen:

  • Wie beschreibe ich den Charakter meines Unternehmens? 
  • Was sind meine Stärken und wie kann ich die auch online leben?
  • Welche Stärken hat mein Team und wie helfen uns diese Stärken, um auch über die Distanz gut in Kontakt zu bleiben. 
  • Was von dem, was ich oder wir als Team gerade tun, möchte ich beibehalten, was möchte ich ändern und was möchte ich aufhören?
  • Wie geht es mir gerade und was davon möchte ich im Meeting mit meinen Mitarbeitenden bei einer Ankommens-Runde teilen» 

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Über den Autor

Christian Herbst

Christian A. Herbst ist Geschäftspartner der IN.flow Facilitation GmbH. Hier begleitet er Kunden in Innovations- und Veränderungsprozessen. Christian hat einen Abschluss in der Immobilienwirtschaft, eine theologische Ausbildung und psychologische Weiterbildungen sowie einen Master in psychografisch-lösungsorientiertem Coaching. Er bekleidete über viele Jahre Führungsrollen mit internationaler Verantwortung und leitete als Executive Director eine europäische Schule für Führungskräfte. Seit 2014 führt er den Ausbildungsstandort Zürich für die HEB Coaching Fachschule Schweiz und ist als Dozent an der TU München tätig.