Neue Möglichkeiten im Videoschnitt mit Davinci Resolve 16

Davinci Resolve hat sich in die ersten Liga der Schnittsysteme eingereiht. Noch dazu ist es konkurrenzlos günstig. Wie Cutter am besten vom üppigen Funktionsumfang profitieren, erklärt Trainer Wolfgang A. Hess.

Autor Wolfgang A. Hess
Datum 16.10.2019
Lesezeit 10 Minuten

Als langjähriger Postproduction Consultant und Trainer für Schnittsysteme wie Avid MediaComposer, Adobe Premiere Pro CC, Adobe Premiere Rush CC, Apple FinalCut X und Davinci Resolve werde ich oft gefragt, welches Programm ich empfehle.

Mit der Nutzung des für die jeweiligen Bedürfnisse optimalen Schnittsystems lässt sich viel Zeit, Geld und Nerven sparen. Weil der Funktionsumfangs all dieser Softwareprodukte in den letzten Jahren aber enorm gewachsen ist, fällt es Agenturen, Medienunternehmen oder Freelancern oft schwer sich für Schnittprogramm zu entscheiden. Und doch gibt es klare Entscheidungskriterien, die je nach individuellem Einsatzzweck unterschiedlich zu bewerten sind.

Große Medienhäuser, die für Kino und/oder TV produzieren, setzen ihren Fokus oft auf eine optimale Anbindung an die vorhandene Infrastruktur, wie Ingest, Outgest, Archiv und Redaktionssysteme. Auch Automatisierung,  gute Supportstrukturen und die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Editorinnen und Editoren sind wichtige Kriterien.

Kleine und mittelständische Unternehmen, die vornehmlich Clips zur Publikation im Web produzieren, legen dagegen eher Wert auf ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, eine einfache Bedienbarkeit ohne zu viele technische Details, eine solide Auswahl an zeitgemässen Effektmöglichkeiten und die Flexibilität im Umgang mit unterschiedlichen Videoformaten.

Warum das Schnittsystem Davinci Resolve für Sie interessant ist

Dafür kommen in der Regel Premiere Pro CC, Apple FinalCut X und Avid MediaComposer in Frage. Inzwischen reiht sich aber auch Davinci Resolve in die erste Liga der Schnittsysteme ein.

Davinci Resolve gehört zum Produktportfolio von Blackmagic Design, das auch Signalwandler, eGPUs, Kameras und Bedienpanels (Mischpulte, Grading-Panels) herstellt, die optimal mit dem Schnittsystem Resolve zusammenarbeiten.

Seine ursprüngliche Bekanntheit hat Davinci als Hersteller eines der besten Gradingsysteme weltweit erlangt. Die Funktionalität dieser Farbkorrekturlösung ist auch in Resolve enthalten, doch Resolve hat darüber hinaus auch umfangreiche Funktionen für Schnitt, Tonnachbearbeitung und Transcoding/Encoding von hochwertigen Filmen.

resolve davinci

Abb.: Startscreen

Was Resolve von Lösungen anderer Hersteller unterscheidet, ist, dass in einem Programm Videoschnitt, Farbkorrektur, visuelle Effekte und Audio-Postproduktion kombiniert sind. Mit einem Klick können Sie zwischen diesen Arbeitsbereichen innerhalb der Software wechseln. Auch die Live-Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Editoren, Assistenten, Grading- oder Compositing-Artists und Toningenieuren im selben Projekt ist möglich. Durch die Kollaboration lassen sich effiziente Workflows und kostengünstige Prozesse realisieren.

resolve menuleiste
Abb.: Arbeitsbereichsleiste

Cut-Arbeitsbereich

Eine der neuen Funktionen von Resolve ist der «Cut-Arbeitsraum». Dieser bietet ein reduziertes Benutzerinterface mit den wichtigsten Schnittfunktionen und ist für alle interessant, die unter Zeitdruck schnelle Ergebnisse abliefern müssen. Auch wenn man sich mit der Software vertraut machen und die ersten Schritte gehen möchte, ist dieser Arbeitsbereich eine gute Einstiegsmöglichkeit.

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Abb.: Cut-Arbeitsbereich

Der Cut-Arbeitsbereich setzt auf das Konzept der «Dualen Timeline», in der man sowohl den gesamten Schnitt, als auch den Feinschnitt bearbeiten kann. Dadurch werden die Aufwände für die Navigation in der Timeline durch Zoomen oder Scrollen reduziert.

resolve
Abb.: Duale Timeline

Edit-Arbeitsbereich

Im «Edit-Arbeitsbereich» stehen alle Schnittfunktionen vollumfänglich zur Verfügung und diese Ansicht ähnelt der gewohnten Schnitt-Oberfläche der Mitbewerber.
Hier finden Sie auch zahlreiche Trim-Funktionen für den Feinschnitt und Effektmöglichkeiten für Bild-in-Bild-Effekte, Geschwindigkeit, Stabilisierung, Texteinblendungen und Audiobearbeitung.

Benutzerdefinierte Timeline-Einstellungen ermöglichen die Erstellung von Hochkant-Videos, 5:4-Videos oder quadratischen Videos für Social Media-Kanäle.

Durch die Verwendung von «Adjustment-Clips» können mehrere Clips ganz einfach mit denselben Effekten versehen werden, was beispielsweise bei der Verwendung von Bildumwandlungen (Transformieren-Einstellungen) oder Colorgradings praktisch ist.

Das Bedienkonzept setzt dabei in verschiedenen Bereichen auf «Künstliche Intelligenz», wodurch manche Arbeitsschritte deutlich vereinfacht werden und sich viele Klicks sparen lassen. Profitieren können Sie dabei auch von der automatischen Szenenerkennung oder der Vergleichsfunktion für unterschiedliche Timelines.
Die neu eingeführte «Neural-Engine» erkennt beispielsweise Gesichter von Darstellern, so dass diese automatisch in gesonderten Bins angeordnet und somit einfacher wiedergefunden werden.

resolve Edit-Arbeitsbereich
Abb.: Edit-Arbeitsbereich

Fusion-Arbeitsbereich

Wer seinen Clip mit visuellen Effekten nachbearbeiten möchte, dem bietet Resolve mit dem «Fusion-Arbeitsbereich» ein vollwertiges, node-basiertes Compositing-System.

In Fusion VFX stehen ca. 250 Effektwerkzeuge und eine 3D-Compositing-Funktionalität zur Verfügung.
Durch den node-basierten Workflow lassen sich Effekte wie in einem Flussdiagramm in Ihre Clips einbinden.

Hochwertiges VFX-Compositing und Bewegtbildgrafiken lassen sich so realisieren, indem Sie neben zahlreichen Effekten sehr leistungsstarke Green- und Bluescreen-Keyer, vektorbasierte Zeichenmöglichkeiten, Rotoscoping-Werkzeuge, 3D-Partikelgeneratoren, Tracking- und Stabilisierungstools sowie 2D- und 3D-Titel mit kurvenbasierten Animationsmöglichkeiten zur Auswahl haben.

Hier wurde in den letzten Releases viel Wert auf Performancesteigerungen gelegt, so dass eine schnellere 3D-Leistung, GPU-beschleunigte Tools, schnellere Masken-Werkzeuge, optimierte Tracker und ein besseres Caching zu den Highlights der neuen Version gehören.


Abb.: Fusion-Arbeitsbereich

Color-Arbeitsbereich

Sicherlich eines der absoluten Stärken von Resolve ist der Color-Arbeitsbereich. Viele namhafte Kinofilme in aller Welt erhalten ihre Farbgebung durch das Grading-Toolset von Resolve.

So können Sie Stimmungen und Gefühle mit dem erstellten Look beeinflussen und so auf die Erzählung Ihrer Geschichte einzahlen.

Auch hier greifen Sie auf ein node-basiertes Werkzeug zurück und können die unterschiedlichen Farbeffekte für die primäre und sekundäre Farbkorrektur in ein Flussdiagramm einbinden und so spannende Looks erzeugen.

Werkzeuge zur Entfernung von Staub und Schmutz, der bei der Aufzeichnung oder bei der Abtastung entstanden ist, stehen Ihnen genauso zur Verfügung, wie Tools zur Entfernung von Bildrauschen. So erhalten Sie auch bei Aufnahmen, die unter schlechten Lichtbedingungen oder durch Kamerasensoren mit zu geringer Auflösung entstanden sind, ein «sendefähiges» Ergebnis, ohne auf die Details in Ihren Aufnahmen verzichten zu müssen.

Das neue «Patch-Removal»-Werkzeug entfernt beispielsweise Logos oder Flecken.

resolve Color-Arbeitsbereich
Abb.: Color-Arbeitsbereich

Fairlight-Arbeitsbereich

Jeder Film benötigt natürlich auch einen guten Ton.

Für die Vertonung setzt Resolve auf das integrierte «Fairlight»-System, eine ehemals eigenständige Highend-Audiobearbeitungslösung, die nun in Resolve integriert wurde. Dadurch wird eine nahtlose Zusammenarbeit ermöglicht.

Fairlight eignet sich für anspruchsvolle Tonmischungen und bietet zahlreiche Effekte, wie Equalizer, Dynamikeffekte und Vieles mehr, die in einer komplexen Busstruktur flexibel auf die einzelnen Clips und/oder Spuren angewendet werden können.

Auch Soundaufnahmen, Live-Mischungen und automatisierte Mischungen sind möglich. Natürlich dürfen dazu die verschiedenen Monitoring- und Messwerkzeuge nicht fehlen.

Eine interne Sound-Bibliothek bietet Ihnen tausende von Audioclips für die Nachvertonung.

resolve Fairlight-Arbeitsbereich
Abb.: Fairlight-Arbeitsbereich

Deliver-Arbeitsbereich

Zu guter Letzt muss der Film exportiert und distribuiert werden. Gerade bei der Verbreitung in den sozialen Medien ist der Support einer Vielzahl von Codecs und Formaten entscheidend. Resolve bietet hier die Unterstützung aller gängigen Codecs und Formate für die Verbreitung Ihres Filmes im Kino, TV und Web.

Auch Metadaten können in den Ausgabeoptionen nach Bedarf verwaltet werden.

Durch den Einsatz einer Renderliste lassen sich gleich mehrere Ausgabeformate als Stapel anlegen und die Erstellung der Ausgabefiles mit den unterschiedlichen Spezifikationen ist so in einem Rutsch möglich.

Durch die gute Ausnutzung der Rechnerperformance bekommt man seine Datei schnellstmöglich transcodiert.

Im Workflow kann der «Deliver-Arbeitsbereich» einem jedoch auch beim Import von Kamerafiles bereits nützliche Dienste erweisen, indem das Rohmaterial gleich passend für den Schnitt transcodiert wird.

Falls die Übergabe eines Projektes an ein anderes Schnittsystem erforderlich ist, können die Dateien zu diesem kompatibel aufbereitet werden.

resolve Deliver-Arbeitsbereich

Abb.: Deliver-Arbeitsbereich

Fazit

Insbesondere mit der aktuellen Version 16 hat Resolve eine Menge an Schnittfunktionen hinzubekommen, so dass die Software als vollwertige All-in-One-Lösung anzusehen ist – und das zu einem derzeit konkurrenzlosen Preis-Leistungsverhältnis. Die Basisversion, die für viele Nutzer einen völlig ausreichenden Funktionsumfang besitzt, ist nämlich kostenlos. Die Studio-Version kostet aktuell einmalig 325 Euro.

Dies macht Resolve auch für alle interessant, die die Software nicht täglich nutzen (Freelancer beispielsweise) und monatliche Abo-Kosten für Lizenzen vermeiden möchten.

Resolve eignet sich für die Postproduktion von kurzen Imageclips, Trailern und Werbespots genauso wie für den Schnitt von Langformaten, wie zum Beispiel Serien oder Spielfilmen.

Durch die hohe Komplexität der Software und die Vielzahl an technischen Einstellungen ist ein autodidaktischer Einstieg in die Software jedoch eher nicht zu empfehlen, es sei denn, man bringt bereits sehr viel technisches und operatives Knowhow im Bereich Postproduktion mit. Um das System effektiv einsetzen und für Kundenprojekte nutzen zu können, empfiehlt sich ein fundiertes Basic-Training.

Videoschnitt mit Davinci Resolve

Davinci Resolve ist ein Highend-Schnittprogramm, das mehrere, ursprünglich eigenständige Programme in sich vereint und dazu ein unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis mit sich bringt. Der Funktionsumfang macht den Einstieg aber nicht leicht. In einem Basis-Training lernen Sie die Grundlagen von Davinci Resolve kennen und setzen Ihre Kenntnisse unter Anleitung unserer Trainer unmttelbar praktisch um.

Kurs: Davinci Resolve – Basics («DAVIRE»)

Davinci Resolve ist ein Highend-Schnittprogramm, das mehrere, ursprünglich eigenständige Programme in sich vereint und dazu ein unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis mit sich bringt. Der Funktionsumfang macht den Einstieg aber nicht leicht. In einem Basis-Training lernen Sie die Grundlagen von Davinci Resolve kennen und setzen Ihre Kenntnisse unter Anleitung unserer Trainer unmttelbar praktisch um.

Kurs: Davinci Resolve – Basics («DAVIRE»)


Über den Autor

Wolfgang A. Hess

Wolfgang ist seit über 30 Jahren in der Medienbranche zu Hause und arbeitet als Consultant und Trainer. Dabei begleitet er mit seiner Firma Wolfgang A. Hess Medien-Innovationen Medienunternehmen und Medienschaffende auf dem Weg durch den digitalen Wandel und entwickelt innovative Lösungen für die Medien von heute und morgen. Bei Digicomp leitet Wolfgang Kurse im Bereich Content Creation sowie Nachbearbeitung mit der Adobe Creative Suite.