Prozess 4.0 – wenn CRM-Systeme & agile Prozesse aufeinandertreffen

CRM-Systeme und die damit verbundenen Prozesse der Automatisierung bergen viel Potenzial, sorgen jedoch auch für Unsicherheit. Ein Gespräch mit unserem CRM-Experten.

Autor Sheila Karvounaki
Datum 06.11.2018
Lesezeit 6 Minuten

CRM-Systeme, insbesondere grosse, bergen viel Potenzial, sorgen jedoch vielerorts auch für Unsicherheit. Oft reicht das Wissen der einzelnen Abteilungen und deren Mitarbeitenden nicht über ein bestimmtes Mass hinaus, der Blick für das Gesamte fehlt. Weiter steht oft auch die Befürchtung im Raum, dass durch die fortschreitende Automatisierung, die auch dank komplexer CRM-Systeme ermöglicht wird, einzelne Arbeitsplätze gefährdet werden. Wir wollten dazu für einmal die Sicht eines CRM-Experten hören und haben Danko Petrovic, CIO und Zuständiger des Digicomp CRM befragt.


Danko, du bist «Head of CRM» bei Digicomp und hältst so quasi den Schlüssel zu Salesforce in der Hand. Kannst du kurz umschreiben, wie das bis anhin alles zusammenhängt?
Wir arbeiten mit Salesforce und haben das System so erweitert, dass alle Prozesse direkt im System ablaufen. Vom CMS der Website über die Trainer-Datenbank bis hin zur Inventar-Datenbank und der Kursplanung: In Salesforce kommt alles zusammen und ist miteinander verknüpft. Dass alles in Salesforce ist und entsprechend alle Mitarbeitenden der Digicomp damit arbeiten und entsprechende Funktionen benötigen, macht die Sache natürlich komplex(er) – was als Nachteil gesehen werden kann. Gleichzeitig bietet dieser Aufbau auch einen Vorteil, nämlich Transparenz. Für alle ist jederzeit sichtbar, was, wo und wie von wem erstellt bzw. getan wird. Ruft eine Kundin an, sind zudem alle Informationen aus allen Bereichen, die sie betreffen, an einem Ort ersichtlich. Das vereinfacht die Kundenbedienung und erhöht den Kundenfokus.

Neben dem Ziel, die internen Prozesse so zu gestalten, dass sie automatisiert und replizierbar sind, steht für Digicomp der Kundenfokus im Vordergrund. Widersprechen sich Automatisierung und Kundenfokus nicht per se?
Eben nicht. Genau dadurch, dass alle Informationen den Kunden betreffend automatisch aufgrund des Prozesses und der technischen Möglichkeit zentral gesammelt und jederzeit über einen Mausklick abrufbar sind, gelingt es uns, punktgenau auf seine Bedürfnisse und Wünsche einzugehen – unabhängig davon, wer die Anfrage des Kunden bearbeitet. Aufgrund der Kundendaten aus allen Bereichen können wir zudem individualisierten Content für ihn auswählen und ihm so z.B. Informationen zukommen lassen, die für ihn persönlich einen möglichst grossen Mehrwert bieten. Wichtig ist dabei alleine, dass die gesammelten Daten möglichst breit und genau sind, je genauer, desto einfacher ist es durch entsprechende Automatisierung, individuellen Content zu generieren.

Apropos notwendiges Know-how: Oft werden im Berufsalltag ja von den Developern neue Funktionen und Möglichkeiten erarbeitet, die dann jedoch von den Usern (Kundenberater etc.) nicht oder nicht richtig angewendet werden. Was ist hier deine Empfehlung zum Vorgehen?
Das war bis vor Kurzem tatsächlich einer unserer Issues. Aufgrund der Organisations- und Arbeitsstruktur haben verschiedene Abteilungen jeweils unterschiedliche Daten gesammelt und unterschiedliche Bereich des CRM-Systems genutzt. Die Zusammenhänge und Verknüpfungen im Hintergrund waren wenigen klar und entsprechend war die Abstimmung über das Ganze gesehen eine Herausforderung. Wo die Developer grundsätzlich über technische Funktionen und Umsetzungsmöglichkeiten Bescheid wussten, wusste z.B. die Kundenberatung, was interessierte Personen suchen und wo die Bedürfnisse der Kundschaft liegen. Das Gastgeberteam hatte das Know-how darüber, welche Raumbedingungen erwünscht sind und die Produktmanager hatten als Zuständige für das Produktsortiment darüber Wissen. Es fehlte jedoch die Transparenz und der Austausch, wodurch einzelne Schritte nicht ineinander-griffen und ein Mehraufwand für Koordination, Verbesserung und Justierung vorgenommener Funktionen entstand.

Du hast gesagt «bis vor Kurzem». Was hat sich verändert?
Nun, Digicomp setzt seit 2018 im Sinne von «Mastering Digital Change» auf Scrum. Das ist aus meiner Perspektive die ideale Voraussetzung für eine effiziente und effektive Anwendung unseres CRM-Systems. Durch Scrum haben wir nicht nur einen gemeinsamen Willen bzw. ein gemeinsames Ziel definiert, sondern auch die beste Voraussetzung für eine durchgehende Transparenz geschaffen. Durch die Zusammenarbeit in interdisziplinären Scrum-Teams wird das Know-how und die Sichtweise sowie die Bedürfnisse aller Abteilungen für die einzelnen Arbeitsschritte eingeholt. Dadurch findet auch ein interner Wissenstransfer statt. Scrum ermöglicht uns, die Prozesse über Abteilungen hinweg anzugehen und den Informationsfluss direkter zu gestalten. Durch den geschaffenen Austausch können wir damit auch unser Verhalten und den Gebrauch des Systems gesamthaft angehen.

Bis anhin haben wir in Business-Silos gearbeitet und uns dadurch Grenzen auferlegt. Das CRM-System in seiner Ganzheit war schon lange «grenzenlos». Durch die Auflösung der Organisationsgrenzen sind wir nun auch in unseren Abläufen und Herangehensweisen in der Lage, die Möglichkeiten des Systems auch tatsächlich zu nutzen.

Was wäre also deine Empfehlung für Zuständige von CRM-Systemen?
Es ist relativ einfach: Die Lösung lautet «Grenzen abschaffen». Je durchlässiger und agiler eine Organisation funktioniert, desto besser kann sie ein globales CRM-System tatsächlich nutzen. Agile Methoden sind dazu ideal, denn Änderungen müssen nicht exakt stattfinden. Vielmehr ist es die Summe dessen, was alle im Unternehmen tun, die zur Weiterentwicklung des Systems führt. So kann die Automatisierung kundenfokussiert aufgebaut werden und Ressourcen für die Mitarbeitenden schaffen, mit denen sie wiederum persönlich und in direktem Kontakt zum Kunden auf das Overall-Ziel der Kundenfokussierung hinarbeiten können. Die dabei gewonnenen Informationen bzw. Daten tragen wiederum zur steten Verbesserung des CRM-Systems bei – a match made in heaven, wenn ich das so sagen darf.


Über den Autor

Sheila Karvounaki

Sheila Karvounaki Marti hat Journalismus und Organisationskommunikation studiert und hat sich über die Jahre auf Online-Kommunikation spezialisiert. Sie ist Community Managerin bei Digicomp und berät als Freelancerin verschiedene KMU bei ihren Online-Aktivitäten. Sie war Leiterin Kommunikation & Community Management an der SOMEXCLOUD GmbH und 10 Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, im Bereich der Projektleitung und -organisation sowie in der Forschung tätig.