Robotic Process Automation – ein Mix zwischen künstlicher Intelligenz & Software

Robotergesteuerte Prozessautomatisierung wird immer häufiger eingesetzt, um repetitive Arbeiten zu übernehmen. Bots sind dabei nur ein Einsatzgebiet. Digicomp-Experte Eric Postler gibt uns in diesem Artikel einen Überblick, was die Merkmale von RPA sind und wie und wo sie eingesetzt werden können.

Autor Eric Postler
Datum 29.10.2018
Lesezeit 6 Minuten

Automatisierung ist heutzutage in aller Munde. Dazu gehört auch die robotergesteuerte Prozessautomatisierung (RPA), welche mehr und mehr den Weg in die Arbeitswelt findet. Repetitive Arbeiten werden von Software-Robotern übernommen und die menschlichen Arbeitskräfte können für wichtigere Aufgaben eingesetzt werden.

Entwicklung

Es wird stetig diskutiert, ob RPA eine eigene Technologie oder lediglich eine Ausweitung vergangener Technologien darstellt.

Folgend eine kurze Vorstellung der ersten Technologien in Richtung RPA:

Screen Scraping

Die Screen Scraping-Technologie ist eine der Grundlagen von RPA. Sie ermöglicht die Datenübertragung von einer Software-Anwendung zur nächsten. Zudem kann Screen Scraping verwendet werden, wenn ein Quellcode neu geschrieben werden muss, aber der Quellcode für den Menschen unverständlich ist oder kein Programmierer zur Hand ist, um den Code zu updaten. Dabei wird der Quellcode durch die Scraping-Software für den Benutzer verständlich übersetzt. Heutzutage wird Screen Scraping auch für die Informationsgewinnung von Webseiten benutzt, bei welcher Daten spezifisch gefiltert werden.

Workflow Automation

Die zweite erwähnenswerte Technologie ist die Workflow Automation, bei der Prozesse automatisiert werden und manuelle und papierbasierende Arbeiten wegfallen. Den Angestellten bleibt dadurch mehr Zeit, sich auf wichtigere Arbeiten zu fokussieren. Bei der Workflow Automation werden die repetitiven Prozesse einer Unternehmung von Computern ersetzt und dadurch die Geschwindigkeit, Effizienz und Genauigkeit eben dieser Prozesse verbessert.

Artificial Intelligence (AI)

Die letzte in die RPA einfliessende Technologie ist die künstliche Intelligenz. Im Englischen wird künstliche Intelligenz als Artificial Intelligence bezeichnet. AI bedeutet, dass Entscheidungen nun direkt von den Maschinen getroffen werden, ohne dass menschliche Einwirkungen stattfinden. Zudem können die Maschinen aus ihrer Arbeit lernen und entwickeln dadurch eine Art menschliches Verhalten. AI bringt zwar einen sehr grossen Investitionsbetrag mit sich, dafür aber eine höhere Genauigkeit und ebenfalls weniger manuelle Arbeit.

Vor bald zwanzig Jahren wurde der Begriff RPA erstmals verwendet. RPA verbindet die drei oben erwähnten Technologien und schafft damit ein neues Level.


«Robotic Process Automation (RPA) … is the application of technology allowing employees in a company to configure computer software or a ‘robot’ to reason, collect and extract knowledge (Screen Scraping), recognize patterns (Workflow automation), learn and adapt to new situations or environments (AI).» (Deloitte)


Benutzung

RPA setzt die Roboter, sogenannte «Bots», ein, um sie als virtuelle Arbeitskräfte zu nutzen. Sie bestehen aus künstlicher Intelligenz und lernfähiger Software. Die Bots bilden ein im Hintergrund laufendes 24/7-Verarbeitungszentrum, welches Geschäftsprozesse durchführt und dabei einfache Entscheidungen trifft. Einfache Entscheidungen bedeutet dabei Ja-/ Nein-Fragen, zum Beispiel “Ist der Bestellbetrag grösser als fünfzig Franken”. Dabei benutzen die Bots, die schon vorhandenen Benutzeroberflächen, sodass keine neuen Schnittstellen entstehen und sie nicht in die bestehenden Systeme eingreifen.

Zu den Aufgaben der Bots gehören Transaktionsverarbeitung, Datenverarbeitung und Kommunikation. Insbesondere punkten kann RPA bei sehr komplexen Entscheidungen, wenn zum Beispiel mehrere Faktoren überprüft werden müssen, um eine Entscheidung zu treffen, bei neutralen Sprachverarbeitungen oder im Online-Kundensupport.

Ein kurzes Beispiel der Benutzung von RPA: Wenn ein Kunde von American Express Global Business Travel seine Reise storniert, dann storniert der RPA automatisch die Flugtickets bei der entsprechenden Fluggesellschaft und verlangt die Rückvergütung, welche mit der Stornierung einhergeht.

Vorteile des RPA stecken in der Genauigkeit, Aktualität und Flexibilität, denn RPA zeichnet sich schon nach wenigen Wochen durch eine hohe Agilität aus. Es müssen jedoch bestimmte Rahmenbedingungen in den Prozesse vorhanden sein, damit RPA überhaupt eingesetzt werden kann. So muss es sich um repetitive Arbeiten handeln, welche auf klaren Regeln basieren. Dadurch werden menschliche Tätigkeiten für diese Aufgaben nur noch im Ausnahmefall benötigt. Ausnahmefälle benötigen weiterhin noch zusätzliche Denkleistung und Urteilsvermögen, zu was die Bots (noch) nicht fähig sind. Zudem ist eine Change Management-Strategie im Unternehmen unverzichtbar, denn die Arbeiten der Angestellten werden sich durch die Implementierung von RPA deutlich ändern. Durch RPA werden gezwungenermassen Arbeitsplätze und damit auch Angestellte überflüssig. Doch RPA führt gleichzeitig zur «Befreiung» der Arbeitenden von langweiligen, sich wiederholenden Aufgaben und die nun frei verfügbaren menschlichen Ressourcen sollten für kreative, wissensbasierte und strategische Aufgaben eingesetzt werden.

Ausblick

Obwohl sich der Markt an RPA schon weit verbreitet hat, sind in naher Zukunft noch innovativere RPA Lösungen zu erwarten. Durch eine vertiefte Kombination mit künstlicher Intelligenz können möglicherweise auch heuristische Entscheidungen automatisiert werden. Auch die oben erwähnten Ausnahmefälle, welche bis anhin noch von Menschen bearbeitet werden müssen, sollten bald von Bots erledigt werden können. Es bleibt spannend zu sehen, welche Aufgaben in den folgenden Jahren als erstes von den Bots übernommen werden.

Autor: Eric Postler
Co-Autorin: Yasmin Wieland


Über den Autor

Eric Postler

Als Lead Avantgardist befasst sich Eric Postler bei der KPT Versicherung damit neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Als Lean Evangelist setzt er dabei voll auf Lean & Agile Methoden um die Vorhaben effizient und effektiv abwickeln zu können. Er ist Co-Organisator von Lean Startup Zürich & Lean Startup Bern, einer Meetup Gruppe für den Austausch zu Lean & Agilen Methoden im Unternehmertum und hat einen Master in Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Corporate/Business Development.