Was steckt hinter Social Selling?

Wir kennen es selbst: vieles findet heute online statt. Freundschaften werden heute online gepflegt, Beziehungen online gestartet und Geschäftspartner online gefunden. Marken werden online vorgestellt und wachsen online durch gezieltes Branding zu Wahrzeichen unserer Kultur heran. Wieso sollten also Vertriebsmitarbeiter nicht online tätig werden, um Verkäufe und das Branding zu begleiten und zu steuern?

Autor Roger Basler
Datum 25.06.2018
Lesezeit 16 Minuten

Wir kennen es selbst: Immer mehr Käufe werden online getätigt. Freundschaften, Beziehungen und Geschäftspartner werden online gefunden, gestartet, gepflegt. Marken werden online vorgestellt und wachsen online durch gezieltes Branding zu Wahrzeichen unserer Kultur heran. Wieso sollten also Vertriebsmitarbeiter nicht online tätig werden, um diese Verkäufe und dieses Branding zu begleiten und zu steuern?

Die neue Welt im Verkauf

Verkauf passiert nicht mehr am Telefon, und auch die Zeit der Marketing-E-Mails ist schon lange vorbei. Fast 700 Millionen Nutzer haben Ad-Blocker installiert und sehen somit Online-Werbung gar nicht erst. Wer heute Kunden erreichen will, muss sozial denken und langfristig handeln: Social Selling ist das neue Stichwort. Was steckt dahinter? Die Verbindung von Social Media, Content und Beziehungspflege – komplett online, über Gemeinsamkeiten direkt miteinander verbunden. Darum sollte man vielleicht eher von Social Networking als von Social Media sprechen.

Direkter (social) Kontakt mit Personen hat den Vorteil, dass Werbung nicht mehr wahllos in die Massen gesendet werden muss, sondern direkt an potenzielle Käufer gerichtet werden kann, ohne dabei Kosten aufwenden zu müssen. Social Selling wird von Online Marketeers bereits seit Jahren erfolgreich betrieben und kommt nun immer stärker auch im B2B zum Tragen. Dabei wird bewusst auf Massenkommunikation verzichtet und man beschäftigt sich viel stärker mit der (Ziel-)Person, als es im klassischen Verkauf passiert. Was also wird benötigt, um Social Media erfolgreich einsetzen zu können?

Der Beginn: ein vollständiges Social-Networking-Profil

Das Internet erleichtert es Kunden, eine intensive Recherche zu betreiben, bevor Kaufentscheidungen getroffen werden – und drei Viertel aller Kunden betreiben diese intensive Recherche online und auf Social-Networking-Profilen. Der Kunde kauft nicht mehr nur das Produkt. Der Kunde (selbst der Geschäftskunde) kauft das Gefühl, die Menschlichkeit, den Kundenservice, den Humor – kurz: Der Kunde kauft das Rundumpaket, das das Produkt oder der Service für einen leistet. Dazu gehört auch, dass Sie erreichbar sind auf allen Kanälen.

Sie haben vermutlich Ihr Social-Networking-Profil, namentlich auf LinkedIn, Xing und Twitter (oder auch Facebook) bisher eher stiefmütterlich bearbeitet. Wie sieht es aus bei Ihren Mitarbeitenden? Vorgesetzten? Alles im Social Selling startet mit den Informationen über die eigene Firma, die Firmenkultur und die Kontaktmöglichkeiten, denn diese sind heute nicht mehr nur auf der Webseite zu Hause. Wenn Sie später in einen Dialog treten möchten, müssen Sie jetzt schon Frühlingsputz betreiben. Besonders die Firmenkultur muss hervorgehoben werden und im besten Licht dargestellt werden. Bilder, Fotos, ein einheitliches aber nicht zu poliertes Auftreten. Es soll authentisch sein, echt also. Wieso sollte ein Kunde sich für eine bestimmte Firma entscheiden, wenn es im Markt sicherlich andere (und eventuell sogar bessere) Optionen gibt?

Eine Frage hierbei ist, welche Plattformen zu nutzen sind. Es gibt viele Möglichkeiten, um Social Networking erfolgreich zu nutzen. Twitter, Instagram und Facebook haben einen grossen Einfluss und sind einfach für Verkäufer oder Personen im Aussendienst, aber auch Personen im HR und Recruiting zu handhaben, da viele diese Plattformen bereits aus dem Privatgebrauch kennen. Etwas komplexer sieht es bei Linkedin und Xing aus. Noch immer wird hier eher ein Adressbuch als eine Social-Networking-Plattform betrieben. Aber die gute Nachricht ist: Solange alle Profile gepflegt werden und auch von den Funktionalitäten wie posten, Artikel teilen, Empfehlungen aussprechen Gebrauch gemacht wird, haben Sie bereits einen gewissen Vorsprung.

Aller Anfang ist: guter Content

Um die Firma ordentlich vorstellen zu können, bedarf es an Inhalt. Das können Inhalte zur Firmen-Kultur, der Firmen-Philosophie und auch über «banalere» Dinge wie Trend-Updates oder Wissenswertes sein. Content – also Inhalt – ist die wahre Geheimwaffe einer guten Social-Selling-Strategie. Hierbei kann es sich um Blogs handeln oder Posts oder sogar Videos. Der Kreativität der Vertriebsmitarbeiter sollten hier wenig bis gar keine Grenzen gesetzt werden. Wichtig ist nur: verkaufen Sie nicht, machen Sie nicht Werbung – lassen Sie erzählen und sorgen Sie dafür, dass der Inhalt immer hilfreich ist. Das darf auch etwas Unterhaltsames sein.

Der Inhalt der Profile ist im Grunde genommen das Herz und die Seele der Online-Präsenz einer Firma. Fragen Sie sich: Was macht unsere Firma aus? Haben wir besondere Fähigkeiten oder einen Zugang zu Wissen, den andere nicht haben? Kunden müssen sich mit diesem Bild identifizieren können, denn Käufer in Firmen sind auch nur Menschen und sind daher eher bereit, sich mit einem Unternehmen einzulassen, das «sympathisch» wirkt.

Der Anfang ist hier leicht gemacht und existiert oft bereits: So könnten Sie den Inhalt Ihrer Webseite leicht anpassen und diese auf LinkedIn übertragen. Hier können Bereiche wie «Über Uns» oder Blogs über die Entstehung der Firma und die Hintergründe der Gründung dargelegt und präsentiert werden. Zu beachten ist hierbei, dass es nicht um Inhalte geht, die strikt nach einem «Verkaufsmuster» aufgebaut sind, sondern um informative Texte wie Beschreibungen von Team-Werdegängen, Auszeichnungen oder Grundsätze der Geschäftsführung. Produkte und Dienstleistungen können Sie umschreiben, sofern diese in einen Artikel eingebettet sind – machen Sie keine Katalog-Verkäufe. Es sollten Beschreibungen sein, die im Kontext Sinn machen und weiterhelfen – aber diese Art von Postings sollte nicht die Überhand gewinnen. Social Selling ist mehr «social» als «selling». Der Kunde sollte das Gefühl behalten, sich einfach nur umsehen zu dürfen, ohne gleich mit Produkten und Werbung bombardiert zu werden.

Eine Parallele hierfür wäre im echten Leben ein Kunde, der in einen Geschäftsladen kommt und sofort von mehreren Verkäufern angesprochen würde. Dies hat nur eine Reaktion zur Folge: Der Kunde kehrt sofort um. Wenn aber derselbe Kunde in ein Geschäft kommt und sich umsehen darf, die Atmosphäre ruhig und freundlich ist, informative Texte, Bilder und Infowände zu sehen sind, man sich selbst umsehen und entdecken kann, und dann vom Verkäufer in ein natürliches, lockeres Gespräch verwickelt wird, ist nicht nur die Wahrscheinlichkeit gross, dass der Kunde einen Kauf tätigt, sondern auch, dass er oder sie wiederkommt. Dieses Gefühl sollte auch online vermittelt werden.

Dran bleiben mit: Dialogbereitschaft

Um beim vorhergehenden Bild zu bleiben: Der Kunde kommt in das Geschäft und wird in ein Gespräch verwickelt. Eine 1:1-Kommunikation findet statt. Diese Kommunikation muss nicht unbedingt ein Verkaufsgespräch sein. Vielmehr ist es ein natürlicher und einfacher Weg, um herauszufinden, welche Art von Produkt dieser Kunde benötigt und sogar um was für eine Art Kunde es sich handelt. Andere Kunden, die sich im Laden befinden, hören und fühlen das positive Klima und fühlen sich engagiert und angesprochen. Das ist das Ziel eines offenen und vielschichtigen Dialogs in der Branche. Und so funktioniert das auch auf Social Media. Sie können mit Personen über einen Post, den Sie selbst oder die Person gepostet oder kommentiert hat, interagieren. Also die Person direkt ansprechen, erwähnen oder teilen – wichtig ist: suchen Sie den Kontakt.

Dies kann wie folgt systematisch passieren; Vertriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter können mit Hilfe eigener Recherchen über den Kunden, anhand dessen Online-Profil direkt herausfinden und herauslesen, welche Themen diese Person interessiert. Worüber schreibt und postet sie? Wo könnte man anknüpfen? Wenn die Zielperson nichts postet – welche Themen könnten spannend sein? Gibt es Verbindungen zu gemeinsamen Personen, die etwas Spannendes geteilt haben? Mitarbeitenden muss hier die Möglichkeit gegeben werden, frei und locker mit potenziellen Kunden zu kommunizieren und dies auch öffentlich auf Social-Networking-Plattformen. Dabei soll der positive Eindruck nicht nur direkt beim angesprochenen Kunden landen, sondern vielmehr in weiterer Folge bei der Recherche des nächsten Kunden über die Firma ins Auge stechen. Potenziellen weiteren Kunden soll so gezeigt werden, dass die Mitarbeiter dieser Firma offen sind, freundlich und hilfsbereit und bei Fragen oder Problemen jederzeit zur Seite stehen. Dieser teilweise öffentliche Dialog ist ein Weg, um Inhalte zu schaffen, die ein positives Licht auf die gesamte Firma werfen – und nicht nur ein einzelnes Produkt beschreiben. Wichtig ist hier abschliessend nur anzumerken, dass der Bezug von Firma und Person immer wieder hergestellt werden muss. Dazu dienen zum Beispiel Firmen-Profile auf LinkedIn oder Facebooks Unternehmens-Seiten. Wechseln Sie ab, lassen Sie Verbindungen zu, die von Personen und Firmen gleichermassen genutzt werden können.

Der Transfer ins persönliche Postfach: E-Mail-Fähigkeiten

Nehmen wir nun an, Sie haben die Profile gut optimiert und posten regelmässig spannende Inhalte, führen Gespräche im Dialog auf den Plattformen, die Sie ausgewählt haben und bauen über Wochen eine Beziehung zu Ihren potenziellen Kunden auf. Wenn Sie nun einen Verkauf vorbereiten möchten oder wie oben beschrieben eine direkte Kommunikation mit dem potenziellen Kunden benötigt wird, ist es wichtig, dass Sie einen direkten Draht haben. Das kann über eine Verknüpfung sprich Vernetzung untereinander sein (Kontaktanfrage) oder indem Sie allenfalls zwecks direkter Terminvereinbarung eine E-Mail benötigen würden. Sie haben nun zum Beispiel die Möglichkeit, entweder direkte Nachrichten auf Social-Networking-Plattformen wie LinkedIn (genannt InMail), Facebook (Messenger) und Twitter (DirectMessages) zu nutzen. Die Vorarbeit, also Ihr Content, der Dialog und die Erwähnungen, die Sie bisher geleistet haben, sollen für diesen Moment vorbereitend sein. Das heisst: Sie nehmen nun Bezug auf den Dialog und den Inhalt.

Versuchen Sie das Ganze in drei Schritten aufzugleisen.

  • Schritt Nummer eins: Mehrwert durch Hilfsbereitschaft
    Was könnte Ihrem Kontakt helfen? Haben Sie etwas im Content entdeckt? Können Sie den Faden aufnehmen von einem Dialog, den Sie selbst geführt oder gelesen haben? Versuchen Sie persönlich, aber trotzdem professionell zu sein. Das Ziel von Schritt eins ist ein Dankeschön oder ein Feedback, das heisst, fragen Sie auch direkt in der Nachricht (Direktnachricht oder E-Mail), ob das der Person geholfen hat. Damit geben Sie der Zielperson die Möglichkeit, den Ball zurückzuspielen.
  • Schritt Nummer zwei: Fragen Sie nach einem persönlichen Austausch, entweder bei einem Treffen oder über das Telefon
    Fragen Sie hierzu, was dem potenziellen Kunden oder der Kundin helfen könnte, wenn Sie etwas mitbringen oder vorbereiten würden. Seien Sie auch hier vor allem eins: hilfreich und hilfsbereit.
  • Schritt Nummer drei: Halten Sie Kontakt
    Auch wenn vielleicht nach dem ersten Gespräch noch kein Vertrag unterschrieben wurde, so halten Sie den Dialog und den Mecano des Social Sellings unbedingt aufrecht. Das Endergebnis wird der abgeschlossene Verkauf oder der Start einer langen Partnerschaft sein.

Ausbauen und skalieren: Dank Automatisierungsprozess

Sie fragen sich nun bestimmt: Wie kann ich den Aufwand für die obigen Schritte vereinheitlichen und automatisieren, sodass ich mich oder meine Mitarbeitenden sich voll und ganz auf den tatsächlichen Verkauf konzentrieren können? Nun gibt es für die Komplettierung Ihrer Social-Networking-Präsenzen nur Vorlagen und Inspirationen, wie Sie diese optimieren können. Komplettieren müssen Sie diese leider komplett selbst. Allerdings könnten Sie beim Inhalt etwas profitieren. Für die meisten Plattformen gibt es zentrale Verwaltungsanwendungen (z.B. Buffer, Tweetdeck oder Hootsuite) sowie RSS, also Newsfeed-Dienste wie z.B. Feedly. Diese Dienste können miteinander verbunden und so genutzt werden, dass Sie ein Grundrauschen produzieren an Inhalten, die ausgespielt werden. Sie kommen aber nicht darum herum, eine bis zwei Stunden pro Woche fix einzuplanen, um persönlichen, dedizierten Content auszuspielen und gleichzeitig Themenbereiche und Diskussionen zu verfolgen und nach Stichworten Ausschau zu halten, die in die eigene Branche passen könnten.

Der Vorteil solcher Tools ist ausserdem, dass Sie entscheiden können, wo welcher Inhalt verbreitet werden soll und Sie können diese Dienste verbinden. LinkedIn und Facebook ermöglichen das bereits mit Twitter. Der Nachteil daraus ist, wenn Sie etwas aus diesen Netzwerken posten und den Dienst verbinden: Der Link führt wieder auf die Plattform zurück, was Sie nicht unbedingt möchten. Somit könnten Tools (wie Hootsuite oder Buffer) auf mehreren Social-Media-Plattformen gleichzeitig posten und so dediziertes und über alle Plattformen einheitliches Bild schaffen und gleichzeitig können Sie anfangs messen, welche Inhalte wo gut ankommen. Mittelfristig werden Sie herauslesen können, welche Inhalte auf welchen Plattformen funktionieren und welche nicht. Ein weiterer Vorteil ist: Sie können diese Posts über mehrere Wochen im Voraus planen und vorformulieren, sodass am Ende das Tool den Beitrag automatisch zum gewünschten Zeitpunkt postet. Aber Achtung: Das funktioniert nur mit Inhalten, die keine zeitliche Relevanz haben. Dafür brauchen sich Ihre Mitarbeitenden aber zumindest nicht täglich um das allgemeine Posten zu kümmern und können sich voll auf die direkte Kommunikation konzentrieren. Wenn es darum geht, dass Anfragen oder Follow-Ups automatisiert werden sollen, hilft Ihnen ein Dienst wie IFTTT. Mit diesem Dienst, er steht für IF-THIS-THEN-THAT, können Sie z.B. Kontaktanfragen in ein Google Spreadsheet eintragen lassen, Sie können aber auch Follow-ups in Trello Cards anlegen und damit Ihren Prozess vereinheitlichen und nachvollziehen.

Vergessen Sie dabei aber nie: Social Selling sollte vor allem dies sein: sozial.

Wichtig ist, dass die Kanäle natürlich und konfliktfrei betrieben werden und Vertriebsmitarbeitern sich erlauben, sich wie «echte Menschen» zu benehmen. So können Käufer sich nicht nur mit den Mitarbeitenden anfreunden, sondern mit der gesamten Firma, deren Philosophie, und am Ende mit deren Produkten. Fokussieren Sie sich lieber auf Klasse statt auf Masse, eine gute Vor-Recherche und Persona-Definition helfen dabei. Sie wollen lieber ausgewählte Kontakte statt Massen-Anfragen – die Qualität wird steigen, nicht nur im Inhalt, sondern auch in den Abschlussquoten.

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Über den Autor

Roger Basler

Roger Basler ist Betriebsökonom FH und «Unternehmens-Architekt». In dieser Funktion leitet, begleitet und investiert er in Startups, die in den Bereichen High-Tech, E-Commerce und Social Entrepreneurship unterwegs sind. Seine Fachspezialisierungen sind E-Commerce, Social-Commerce, digitales Marketing, ROI on Social Media, klassisches Marketing und Startups.