Prozess Assessments

Bevor man sich zu einem Ziel aufmacht, lohnt es sich zu reflektieren, von wo man startet! Experte Markus Schweizer zeigt auf, wie man anhand der Methodik von Assessments Prozessververbesserungsinitiativen aufgleisen kann.

Autor Markus Schweizer
Datum 12.06.2018
Lesezeit 5 Minuten

Der Wanderer setzt sich zum Ziel: Ich möchte nach Grindelwald! Um zum Ziel zu kommen, muss er aber zuerst einmal wissen, wo er sich befindet. Schliesslich macht es einen Unterschied ob, er von Interlaken oder Zürich aus startet.

Genauso verhält es sich mit Vorhaben aller Art: Bevor wir nicht wissen, wo wir zurzeit stehen, lassen sich keine Aussagen zum Weg, zum Fortschritt und zur Zielerreichung machen. Beim Wanderer ist das heutzutage einfach: Ein Blick aufs Handy bzw. Google Maps beantwortet die Frage sprichwörtlich im Handumdrehen und liefert auch gleich einen Routenvorschlag mit Zeitschätzung – mit dem globalen Koordinatensystem als Referenz.

Komplexere Vorhaben, wie zum Beispiel Prozessverbesserungsinitiativen benötigen eine Methodik zur Standortbestimmung, d.h. ein Assessment, und einen Bezugsrahmen, typischerweise eine dem Kontext angemessene Best Practice (CMMI, ITIL, Cobit usw.).

Handelt es sich um ein Prozessassessment, so ist der Bezugsrahmen häufig ein Maturitäts- oder Fähigkeitsmodell, das in Stufen von 0 bis 5 aufzeigt, wie gut ein Prozess aufgestellt ist.

Ziel und Zweck von Assessments

Assessments können mehreren Zwecken dienen:

  • Erst-Assessments dienen der Identifikation des Ist-Zustandes, auf dessen Basis dann Gap-Analyse, Grobplanung und Aufwandschätzung gemacht werden können
  • Wiederholende Assessments dienen im zeitlichen Vergleich der Fortschrittskontrolle
  • Benchmarks dienen dem Vergleich des eigenen Status mit dem anderer Organisationen oder von empirischen Durchschnittswerten (wie gut bin ich im Vergleich zum Durchschnitt in meiner Branche?)

Das Ziel ist immer, aus dem Abgleich von Ist- und Sollzustand Erkenntnisse für Verbesserungen zu gewinnen. Lücken werden identifiziert und nach unterschiedlichsten Faktoren bewertet und fliessen dann in einen Umsetzungsvorschlag ein. Folgendes Diagramm zeigt anhand des Beispiels einer ISO-20’000-Zertifizierung, wie man Ist- und Sollzustände einfach grafisch darstellen kann:

prozess management

Alle Prüfbereiche der Qualitätsnorm ISO 20’000 wurden auf einer Skala von 0–4 bewertet und in das Radardiagramm eingetragen (hellblaue Linie). Danach wurden zwei Linien für die Zielzustände hinzugefügt. Die dunkelblaue Linie wurde als Minimalziel für die Erreichung der Zertifizierungsreife und die rosa Linie als langfristiges Ziel einer ‹reifen› Organisation angefügt. Auf einer einzigen Grafik lassen sich so Lücken und Ziele betrachten und diskutieren.

Vorgehen

In der Regel fehlt in Organisationen das detaillierte Verständnis für Terminologie und Struktur der Referenznorm, sodass eine schriftliche Befragung mittels normierten Fragebögen nicht ergiebig ist. Vielversprechender ist eine Befragung in Interviews, die von einem erfahrenen, neutralen Experten durchgeführt werden. Oftmals können dabei auch über die Referenznorm hinausgehende Beobachtungen und Feststellungen gemacht werden. Gutes Briefing und De-Briefing der Interview-Kandidaten sind dabei wichtig, wie das Herausfiltern von Subjektivitäten («Ich möchte keine Schwächen zugeben, deshalb beantworte ich alles überaus positiv»).

Methoden

Der Goldstandard für Prozessassessments ist die ISO-Norm 15’504, die auch unter dem Namen ‹SPICE› (Software Process Improvement and Capability Assessment) bekannt ist. Sie beruht auf generischen Beschreibungen von Prozessfähigkeiten auf sechs Stufen von 0 bis 5. Das Cobit-5-Prozess-Assessment-Modell beruht ebenfalls darauf. Die Anwendung ist schwierig, da die generischen Beschreibungen jedes Mal auf einen konkreten Prozess angewendet werden müssen.

Es existieren einfachere Methoden für spezifische Anwendungsfälle wie etwa Service Management, Cloud Assurance, Risiko Management, Nachhaltigkeit (ISO 14’000), GDPR, Security (ISO 27’000) oder Audit (IT General Controls). Untenstehende Tabelle zeigt weitere Normen und Rahmenwerke.

Fazit

Assessments sind ein wichtiges Tool für Vorhaben jeder Art, vom Projekt bis zum Qualitätsmanagement und der Assurance. Des Vorgehen sollte dabei eher qualitativ mit Interviews und erfahrenden Assessoren sein; quantitative Verfahren können ergänzend oder vorereitend eingesetzt werden. Die Wahl eines zum Zweck passenden Referenzrahmenwerks ist ebenso entscheidend für den Erfolg.

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Über den Autor

Markus Schweizer

Markus Schweizer ist Digicomp Trainer, ITIL®- und Cobit®-Experte und Strategie-Berater bei Plat4mation für alle Belange des IT-Managements. Zuvor arbeitete er für IBM und PwC und verbrachte er neun Jahre in den USA, wo er Grossfirmen beim Einsatz von Service-Management-Konzepten beriet. Seine Beratungsschwerpunkte sind IT Business Management, interne Digitalisierung, Governance und SIAM.