Stress am digitalisierten Arbeitsplatz – Die Resultate unserer Umfrage

Welche Belastungen birgt «New Workplace» für Mitarbeiter? Kann gesundheitsfördernde Führung dem entgegenwirken? Lesen Sie die Auswertung unserer Umfrage.

Autor Alexandra Meures
Datum 25.04.2017
Lesezeit 12 Minuten

Arbeitsplatz 4.0 – welche Belastungen birgt «New Workplace»? Welche Gefahren gibt es für Mitarbeiter? Psychische Belastung? Leistungsdruck durch höhere Produktivität? Kann gesundheitsfördernde Führung dem entgegenwirken? Dies haben wir Sie in einer kurzen Erhebung gefragt. Vielen Dank an die über 70 Personen die teilgenommen haben! Gerne präsentieren wir Ihnen in diesem Beitrag die Resultate.

Denken Sie, dass Ihre derzeitigen Kenntnisse für die nächsten Berufsjahre ausreichen werden?

Die Digitalisierung am Arbeitsplatz stellt uns teilweise vor Herausforderungen. Es gibt durchaus Positives zu berichten, dennoch sollte gerade den negativen Aspekten die nötige Aufmerksamkeit geschenkt werden. Denn die belastenden Veränderungen werden oftmals erst nach einer gewissen Zeit bemerkt, da sie sich langsam und konstant einstellen. Wissen Sie noch, wie Sie Ihre Arbeit vor 5 oder gar 10 Jahren erledigten? Sind die Unterschiede zu heute gering oder auffallend?

Mehr als zwei Drittel der Umfrageteilnehmer schätzen, dass ihre aktuellen Kenntnisse & Fähigkeiten nicht ausreichen werden für die nächsten Berufsjahre.

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Denken Sie, dass Ihre derzeitigen Kenntnisse für die nächsten Berufsjahre ausreichen werden?

Leistungsdruck durch höhere Produktivität: Müssen wir heute in kürzerer Zeit mehr erledigen?

91% der Befragten sagen, dass die zu verarbeitende Informationsmenge immer mehr zunimmt und bei 88% sind das Arbeitstempo und der Zeitdruck gestiegen. Zwei Drittel der Befragten gaben zudem an, dass ihre Arbeit anspruchsvoller geworden ist, auch werden sie häufiger unterbrochen und abgelenkt. 46% müssen ständig erreichbar sein. 84% werden häufig mit neuen Aufgabenstellungen konfrontiert. Dennoch freuen sich 76% über den digitalen Wandel in ihrer Arbeitswelt.

Positiv ist, dass 93% durch die Digitalisierung einfacher die verschiedensten Kommunikationswege nutzen können und zwei Drittel sagen, dass sie dadurch schneller und effizienter arbeiten können, sich besser einteilen können, wann und wo sie arbeiten und ihre Arbeit allgemein flexibler gestalten können.

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In unserem Kursangebot zum Thema New Workplace zeigen wir allen Beteiligten vom Management über die IT-Verantwortlichen bis hin zu den Anwendern, wie man sich optimal vorbereitet, was es zu beachten gilt und wie man erfolgreich in der neuen Arbeitsumgebung agieren kann.

Hier finden Sie den Bildungsweg zu New Workplace

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Welche Gefahren gibt es für Mitarbeiter? Wie wirkt sich die psychische Belastung aus?

In Gesundheitsumfragen wird die ständige Erreichbarkeit als hoher Stressfaktor angesehen. E-Mails auf dem Handy zu empfangen und zu beantworten, gehört heute zu einer weitverbreiteten Selbstverständlichkeit.

Zwei Drittel der Umfrageteilnehmer empfinden ihr schriftliches Kommunikationsverhalten als positiv, während das andere Drittel sich eher gestresst bis sehr gestresst fühlt.

Der Einsatz von sozialen Medien stresst hingegen 45%, wobei fast die Hälfte aller Befragten diesen Bereich selten bis nie nutzt. Die anderen 50% nutzt die sozialen Netzwerke beruflich. 15% kommunizieren mehrmals die Woche in ihren Netzwerken und 21% sind hier mehrmals die Woche bis täglich aktiv; 18% nutzen Xing, LinkedIn, Facebook & Co. ständig.

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Wie empfinden Sie Ihr Social-Media-Nutzungsverhalten?

Der Umgang mit Smartphones und Tablets stresst hingegen nur noch 23% und den Umgang mit Computern und dem Internet empfinden 93% als positiv bis sehr positiv. Auch sind 80% der Befragten neuen Technologien gegenüber aufgeschlossen.

Dass sie täglich bzw. ständig im Internet sind, finden alle, also 100%, als ganz normal.

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Wie stehen Sie persönlich dem zunehmenden Einsatz von … im beruflichen Alltag gegenüber?

73% sind der Meinung, dass der digitale Wandel gleichermassen Chancen & Risiko birgt, während 18% eher Chancen im Wandel sehen und nur 8% sehen eher die Risiken.

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Wie empfinden Sie die zunehmende Digitalisierung?

Es ist also nicht die Digitalisierung allgemein, die Menschen zeitweise als stressig empfinden, sondern unterschiedliche Aspekte der Arbeitswelt 4.0 wirken unterschiedlich auf den Einzelnen.

Belastungen des «New Workplace» sind
– anders als oft angenommen –
kein Generationenproblem, sondern eher Typen-bezogen.

Kann gesundheitsfördernde Führung psychischen Belastungen entgegenwirken?

Das Riemann/Thomann-Modell liefert einen guten Aufschluss darüber, weshalb allfällige Belastungen eher Typen-bezogen sind und wie Führungskräfte diese Hinweise nutzen können.

Die vier Persönlichkeitsgrundformen wurden 1961 von dem deutschen Psychoanalytiker Fritz Riemann entwickelt und in den 1970er-Jahren vom Schweizer Psychologen Christoph Thomann anhand eines Koordinatenkreuzes genutzt, um das zwischenmenschliche Dasein besser darstellen zu können.

Auch wenn diese vier Grundausrichtungen – wie jede andere Typisierung – einen sehr vereinfachten Blickwinkel nutzen, so ist es vielleicht gerade diese Einfachheit, die aufzeigt, welchen Einfluss das Empfinden und Verhalten von Menschen auf deren Kommunikations- und Beziehungsverhalten am Arbeitsplatz hat. Alle vier Grundausrichtungen kommen bei jedem Menschen – meist situativ – in unterschiedlicher Ausprägung vor. Deswegen sollte bei diesem «Schubladendenken» die Schublade auch immer offen bleiben, denn die verschiedenen Anteile dieser Ausrichtungen sind massgebend für das jeweilige Empfinden und Verhalten.

Die vier Persönlichkeitsgrundformen

Distanzausrichtung Dauerausrichtung
Menschen mit einer ausgeprägten Distanzausrichtung ist es wichtig, das sie sich abgrenzen sowie ihre Freiheit, Eigenständigkeit und Individualität leben können. Sie sind rationale Denker und verschliessen sich Gefühlen und Emotionen gegenüber. Erst wenn ihnen ein hohes Mass an Freiheit und Rückzugsmöglichkeiten garantiert wird, lassen sie sich auf Gefühle und Nähe ein. Fremde Hilfe nehmen sie nicht gerne an. Menschen mit einer Dauerausrichtung legen Wert auf Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Verbindlichkeit und Sparsamkeit. Sie übernehmen Verantwortung von der Planung bis zur Kontrolle einer Tätigkeit. Sie analysieren gerne, sind pflichtbewusst und mögen Stabilität. «Dauermenschen» sind verlässlich, systematisch, zielorientiert und sie haben Organisationstalent. Ihre Prinzipientreue macht sie jedoch auch teilweise unflexibel.
Näheausrichtung Wechselausrichtung
Menschen mit dieser Ausrichtung sind kontaktfreudig und suchen die Nähe zu anderen Menschen. Sie sind teambereit, ausgleichend, haben soziale Interessen, können sich leicht mit anderen identifizieren. Sie sind selbstlos, brauchen jedoch Bestätigung und neigen auch zu Abhängigkeit, da sie ungern alleine sind. Für diese Menschen steht alles Neue und ständig Wechselnde im Vordergrund. Sie sind aufgeschlossen, lernen und leben gerne. Sie sind kreativ, verfügen über einen grossen Ideenreichtum, mögen Spontaneität und scheuen das Risiko nicht. Sie sind unterhaltsam, können aber auch geschwätzig, unzuverlässig, chaotisch und egozentrisch sein.

 

Führungskräfte, die die Persönlichkeiten ihrer Mit-Wirkenden kennen und somit verstehen, wie sie diese Kenntnisse mit einem situativen Führungsstil verbinden, tragen viel zu einem guten Betriebsklima und motivierten Mit-Wirkenden bei. Denn wie auch der Managementberater Dr. Reinhard K. Sprenger sagt: «Menschen kommen zu Unternehmen aufgrund dessen Image und sie gehen aufgrund von Führungskräften.»

Soft-Skills sind in unserem heutigen Arbeitsumfeld besonders wichtig. Dies sagt auch das Ergebnis der Befragung, bei dem sich 32% der Befragten dafür aussprechen.

Im Zusammenhang gesehen, sind dies über 80% der Führungskräfte, denn 42% der Befragten sind in einem Angestelltenverhältnis ohne Führungsfunktion und 10% sind selbstständigerwerbend. Fachliche Weiterbildungen werden von 56% der Befragten angestrebt, um im ständigen Wandel bestehen zu können.

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Welche Weiterbildungen sind Ihnen besonders wichtig?

Wobei nur 17% etwas besorgt und 17% besorgt sind, dass die Digitalisierung ihre Stelle gefährden könnten (was mit der allgemeinen Meinung übereinstimmt, dass eher Arbeitsplätze mit wenig gut ausgebildetem Fachpersonal, digital ersetzt werden).

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Sind Sie besorgt, dass Sie durch die Digitalisierung …

Zufriedenheitsfaktor Nummer 1: Sinnhaftigkeit

Stress im «New Workplace» setzt sich aus vielfältigen Faktoren zusammen. Unternehmer und Führungskräfte, die sich diesen Themen widmen und erkennen, wie sie Fachkenntnisse & Persönlichkeitsentwicklung gleichermassen fördern und unterstützen können, legen den Grundstein für eine gesunde und produktive Arbeitsatmosphäre, in denen sich alle Mit-Wirkenden langfristig motiviert einbringen möchten und können.

Den Sinn in ihrer Arbeit sehen und spüren, dass ist und bleibt der Zufriedenheitsfaktor Nummer 1. Zu einer sinnvollen Tätigkeit gehören mitunter auch die Umsetzbarkeit und Handhabbarkeit der täglichen Anforderungen. Den Sinn in ihrer Arbeit empfinden allerdings nur 48% der Umfrageteilnehmer «oft» und nur 14% «ständig». Somit sind 43% nur manchmal bis selten mit Freude bei der Arbeit.

Alarmierend ist, dass sich 32% oft bis ständig ausgelaugt & gestresst fühlen und bei 40% ist dies manchmal der Fall.

Die Hälfte der Umfrageteilnehmer fühlt sich allgemein zuversichtlich & voller Energie. Jedoch gehen 17% oft und 26% manchmal zur Arbeit, obwohl sie sich krank & unwohl fühlen. Über 40% schlafen schlecht.

Wer Stress, basierend auf Ängsten vor Veränderung, neuen Konzepten, der Digitalisierung und Selbstorganisation im Unternehmen oder im Home Office entgegenwirken möchte, der sollte wissen, wie er Betroffene zu Akteuren zu machen kann. Haltungsänderung basiert auf dem Verhältnis zum Unternehmen.

Work-Life-Balance

Der Belastung der Digitalisierung wird durch Offline-Aktivitäten in der Natur, mit der Familie oder Freunden und beim Sport entgegengewirkt. Auch wird die Entspannung gerne durch Wellness oder Meditation eingeleitet sowie auch durch Musik, kreative Hobbys, Gärtnern & Fotografie etc. In nur 32% der Unternehmen werden betriebliche Gesundheitsmassnahmen angeboten, bei 24% ist dies «manchmal» der Fall. Spannend ist allerdings, dass nur 13% angeben, dass sie die Angebote ihres Unternehmens auch nutzen.

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Nutzen Sie etwas davon?

Fazit

Das Potenzial für gesunde Handlungen ist gross.

Arbeitsplatzsicherheit, Entlohnung, Sozialleistungen, Mutter- und Vaterschaftsurlaub, flexible Arbeitszeiten etc. tragen zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz bei. Mehr Gewicht messen Arbeitnehmer jedoch der Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit zu, Entscheidungsfreiheit oder Mitbestimmung wiegen bis zu fünfmal mehr als das Gehalt. Der direkte Vorgesetzte spielt dabei die Schlüsselrolle in puncto emotionale Bindung zum Unternehmen.

«New Workplace» – unsere Arbeitswelt befindet sich weiterhin in einer steten Veränderung. Welche fachlichen Kompetenzen in Zukunft benötigt werden, kann heute nur erahnt werden. Sicher ist, dass die mentale Flexibilität im Wandel eine grosse Rolle spielt, welche besonders das zwischenmenschliche Verhalten einbezieht. Durch den in Europa schnell fortschreitenden demografischen Wandel, werden wir wohl neben dem technischen Wandel vor allem auf der Ebene des Miteinanders in den nächsten 15 Jahren den grössten Wandel wahrnehmen. Sind Sie bereit?

PS – einige statistische Werte zu den Umfrageteilnehmenden

  • Geschlecht
    • 67% männlich
    • 33% weiblich
  • Wie lange sind Sie in Ihrem Beruf?
    • 56%  mehr als 15 Jahre
    • 11% 3–5 Jahre
    • 17% 6–10 Jahre
    • 14% 11–15 Jahre
    • 1% unter 3 Jahren
  • Alter
    • 31% 45–53 Jahre
    • 30% 35–44 Jahre
    • 20% 55–64 Jahre
    • 14% 25–34 Jahre
    • 2% über 64 Jahre

Über den Autor

Alexandra Meures

Während ihrer 20-jährigen Führungs- und Managementlaufbahn war Alexandra Meures für mehre internationale Firmen im Auf- und Ausbau neuer Geschäftsbereiche zuständig. Ihr lösungsorientiertes, unternehmerisch-soziales Denken und Handeln setzte sie besonders in der Verbindung der Verhältnis- und Verhaltensoptimierung für Mitarbeitende und Unternehmen ein. Dazu zählten u.a. Struktur- und Prozessentwicklung sowie der Aufbau neuer Abteilungen in Gründungs- und Veränderungsphasen. Nicht zuletzt durch ihre internationale Erfahrung mit wertschätzender Arbeitskultur und achtsamer Kommunikation ist sie heute als Consultant und Trainerin im betrieblichen Gesundheitsmanagement tätig. Dies inklusive Analyse, Budgetierung, Entwicklung und Begleitung in der Umsetzung. Qualifizierungen: Executive International MBA, Coach, Trainerin, Gesundheitsberaterin, betriebliche Gesundheitsmanagerin, auch auf Basis «Friendly Workspace» (Label Gesundheitsförderung Schweiz).