Social Media auf der Couch: Macht Facebook unglücklich?

Autor Zuzanna Bohdanowicz
Datum 20.03.2017
Lesezeit 4 Minuten
Foto: Shifaz Huthee / unsplash.com, downloaded 11.03.2017
Foto: Shifaz Huthee / unsplash.com, downloaded 11.03.2017

Einer Studie zufolge halten wir die Facebook-Vita der anderen für besser als unsere eigene. Kein Wunder: FB-User reiben uns täglich ihre Schokoladenseite des Lebens unter die Nase. Auf lange Dauer birgt das ein hohes Frust-Potential in sich und kann schlimmstenfalls zu Depressionen führen. Aber warum stresst uns das so? Antworten darauf und Tipps gegen den Frust liest Du hier.

Life is unfair

Kennst Du das? Stöbere ich in den Foto-Alben meiner FB-friends, steigt schnell ein Neidgefühl in mir hoch. Scheinbar sind gerade alle glücksstrahlend und verliebt am Strand. Goldenes Filterlicht lässt sie makellos ausschauen und zum Frühstück schlürfen sie gesunde Smoothies. Überhaupt, gemäss Facebook sind meine Freunde allesamt sportlich, kerngesund und haben enorm viel Spass. Ich hingegen sitze gerade im grauen Pausenraum, bin erkältet und draussen regnet es.

Das Ergebnis einer amerikanischen Studie besagt, dass ich nicht als Einzige an Neid erkranke, jedes Mal wenn ich mich durchs Leben meiner FB-Kontakte klicke. Gemäss Psychologen verdanken wir diesen Missstand vor allem zwei Denkfehlern.

Gründe für Unwohlsein: Mathematik und Statistik

Denkfehler Nr. 1: Wir neigen dazu, von einem einzelnen Verhalten einer Person auf ihren gesamten Charakter zu schliessen (Attributionsfehler). Heisst: glückliches Liebespaar vor Sonnenuntergang im Facebook-Stream gleich glückliches Paar, bis das der Tod sie scheidet. Kein Wunder wird man da unglücklich – denn unsere Ferien waren von Mückenstichen und miesen Touristenfallen gespickt. Die Zeitgenossen auf Facebook kenne solche Probleme scheinbar nicht. Das frustriert.

Denkfehler Nr. 2: Die zweite Gehirn-Verirrung, welche zu unglücklichem Surfen führt, heisst: “Verfügbarkeitsheuristik”. Heuristiken sind selbst erstellte, falsche “Statistiken”. Anstatt mühsam nach professionellen Statistiken zu suchen, erstellen wir selber eine. Das Ergebnis ist so ungenau wie die Zeichnung eines Einjährigen.

In unserem Fall: Drei FB-Pärchen neben einer Palme = alle Menschen sind happy, nur ich nicht. Was würde dabei rauskommen, wenn man eine richtige Statistik zu Urlaubs-Zufriedenheit mit 100 Leuten machen würde? Eben.

Was tun, wenn ich in die Unglücks-Falle tappe?

Noch mal: Menschen zeigen sich auf Sozialen Medien gerne von der besten Seite. Automatisch schliessen wir darauf, dass sie im echten Leben immer gut drauf sind. Zudem untermauern wir unseren Glauben mit einer falschen Statistik. Beide Fehlschlüsse führen zu Stress und können sogar Depressionen auslösen. Kritiker weisen darauf hin, dass ein eindeutiger Zusammenhang zwischen einem spezifischen Social-Media-Kanal, und Depressionen nicht klar belegbar ist. Gegensätzliche Forscher-Meinungen hin oder her: Unmut kommt trotzdem auf.

Tipps gegen Denkfehler

• Was hast Du für Fotos von Dir, welche andere neidisch machen würden? Auch Du hast solche Bilder!
• Erstelle keine falschen Statistiken.
• Wie viele Leute haben Dir schon von ihrem perfekten Leben erzählt? Später fandest Du das Gegenteil raus? Mit den Fotos auf Social Media verhält es sich gleich.
• Denke an Deine glücklichsten Momente im Leben. Dachtest Du währenddessen daran zur Kamera zu greifen? Oder warst Du mit Glücklichsein beschäftigt? Genau.
Menschen posieren! Die meisten Fotos auf FB und Co. entstehen nicht spontan. Beobachte mal Touristen wie sie Fotos machen.
• Glaubst Du den Fotos in Promi-Zeitschriften? Menschen auf Facebook mimen Stars, auch sie sehen ohne Insta-Filter normal aus.

Sollten diese Tipps nichts nützen, gönn Dir doch mal eine Auszeit von Facebook und lies ein Buch: z.B. “Thinking, Fast and Slow” von Daniel Kahnemann.

P.S. Wenn Dich das Thema nicht loslässt, schau Dir mal die Folge “Nosedive” von Black Mirror an.


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Zuzanna Bohdanowicz