Facebook-Strategie für KMU ohne Fans und Inhalte

Auch ohne Fans lässt sich Facebook nutzen – besonders für KMU ist das sehr attraktiv. Sam Steiner zeigt in seinem Beitrag, wie Leads via Facebook generiert werden können, ohne dass die Facebook-Seite im klassischen Sinne genutzt wird.

Autor Sam Steiner
Datum 18.09.2014
Lesezeit 6 Minuten

Bereit für etwas anderes? Ich zeige eine Möglichkeit, wie KMU Facebook prima nutzen können, ohne überhaupt einen Liker zu haben und ohne regelmässige Inhalte (und entsprechende Aufwände) generieren zu müssen. Los geht’s.

Das Problem vieler KMU

Peter ist für das Marketing der Firma «Klein AG» verantwortlich. Klein AG stellt Messgeräte für die Industrie her. Also klassisches B2B (Business to Business).

Mit dem Tool «Audience Insights» in Facebook hat Peter herausgefunden, dass durchaus eine beachtliche, passende Zielgruppe in Facebook anzutreffen wäre. Er weiss aber auch: Um sichtbar zu sein, müssen Unternehmen regelmässig relevante und zur Plattform Facebook passende Inhalte veröffentlichen. Dazu kommen andere wichtige Plattformen wie Twitter oder branchenspezifische Foren. Viel Aufwand. Peter kann aber nicht den ganzen Tag in Social Media verbringen. Mehrere «Communitys» gleichzeitig hochzuziehen, ist keine einfache Sache. Und für viele KMU schlicht nicht machbar.

Was, wenn die wirkliche Stärke von Facebook für Peter und die Klein AG komplett woanders liegt?

Ich gebe in diesem Beitrag einige Impulse für KMU, die in solchen Situationen stecken. Es geht dabei um eine Alternativstrategie, um Impulse, und nicht um ein fertiges Rezept. Aber Infos, die KMU hören sollten.

Facebook ist eine Vielfalt von Diensten, die kosten

Dass man nicht alle seine Karten auf Facebook setzen sollte, darüber habe ich hier im Blog geschrieben. Facebook kann jederzeit die Regeln ändern, was sie Anfang Jahr spürbar unter Beweis gestellt haben. Unternehmen, die Facebook heute erfolgreich einsetzen wollen, kommen um einen finanziellen Einsatz nicht herum (dazu mein Artikel: Facebook kostet endlich).

Peter von der Klein AG hat verstanden, dass er ein Budget braucht, um gezielte Reichweite in Facebook zu kaufen. Dies ist er sich von TV und Print gewohnt, es liegt auf der Hand, dass es nicht gratis ist. Er hat ein Budget von CHF 3000.– für Facebook. Nun muss er entscheiden, wie er dieses sinnvoll einsetzen kann.

Wer an diesem Punkt steht, hat eine breite Palette an Möglichkeiten zur Verfügung, um seine Ziele zu erreichen. Wir können weiter sehen als zum klassischen Facebook-Modell «Facebook-Seite, möglichst viele Likers und regelmässige Inhalte». Fakt ist: Viele Firmen sind überfordert mit einem Redaktionsplan und ständigen Optimierungen des Engagements usw.

Unpublished Page Posts – an der Facebook-Seite vorbei

Peter von der Klein AG hat gerade Unpublished Page Posts kennengelernt. Unpublished Page Posts sind Beiträge, die im Namen der Klein AG im News Stream (Startseite von Facebook) erscheinen. Aber erstens nicht für die bestehenden Likers der Klein AG, sondern für ein durch Targeting gezielt gewähltes Publikum. Zweitens erscheinen sie nur im News Stream – nicht auf der Timeline der Facebook-Seite «Klein AG» selbst. (Erstellt werden diese Beiträge im Power Editor mit der Option «Dieser Beitrag wird nur als Werbeanzeige verwendet».)

Die Anzahl Likers ist unwichtig – Targeting heisst das Zauberwort!

Die Klein AG hat erst 87 Likers auf Facebook. Das ist Peter aber mit der neu entdeckten Methode egal: Er spricht mit einem gezielten Targeting 47’700 Inhaber von Industriebetrieben in der Schweiz an, die Messgeräte einsetzen. Seine Unpublished Page Posts werden genau diesen Menschen angezeigt – wenn sie draufklicken, landen sie direkt auf einer optimierten Landingpage auf der Website der Klein AG, auf der sie als kostenloses Goodie ein kleines CO2-Messgerät als Briefbeschwerer bestellen können. Das kommt prima an. Diese Leute sehen die Facebook-Seite der Klein AG gar nie.

Hinweis: Um Unpublished Page Posts schalten zu können, muss man eine Facebook-Seite haben. Die Seite muss aber keine Likers aufweisen.

Mit einem Tracking-Pixel, das Peter von Facebook erhalten und auf der Website der Klein AG eingebaut hat (es war keine Hexerei!), kann Peter nun genau sehen, wie viele Leute, die auf seine Beiträge in Facebook geklickt haben, nachher das Goodie bestellt haben. In seinem Fall resultieren Kosten von CHF 0.80 pro Conversion, dazu muss er natürlich die Kosten von CHF 3.80 pro Goodie dazurechnen.

Er muss keine laufenden Inhalte auf seiner Facebook-Seite veröffentlichen, keinen Blog führen usw.

Wenn er die Goodies auch ins Facebook-Budget von CHF 3000.– rechnet, kriegt er dafür mit dieser Strategie 652 neue Kontakte zu Inhabern von Unternehmen, die Messgeräte brauchen und dankbar sind für ein schönes Goodie. Not bad. Ich gratuliere Peter, dass er «out of the Box» gedacht hat.

Wenn von den 652 Leads 5% Geräte für je CHF 1900.– kaufen, wird ein Umsatz von CHF 62’000.– erzielt.

That said: Content Marketing ist langfristig

Ich hoffe, Peter und die Klein AG zeigen eine interessante Möglichkeit auf, wie Facebook genutzt werden kann ausserhalb des Redaktionsstresses. Eine wirksame, kleine Kampagne.

Meiner Meinung nach sind Facebook-Seiten keine Communitys, keine Revolution – eher klassisches 1-to-Many (Artikel dazu). Die oben genannte Strategie ist auch sehr Old School: Zielgruppe wählen, in einen Funnel senden und «converten».

Natürlich sollten Unternehmen neben solchen kurzfristig sehr wirksamen Kampagnen (ich habe das selbst getestet) auch in langfristige Aufbaustrategien investieren. Beispielsweise eben Content Marketing – das heisst: Man verdient sich Aufmerksamkeit im lauten Web mit regelmässigen, hilfreichen Inhalten. Dazu gehört heute auch der Dialog im Social Web.

Es wird von Unternehmen immer mehr erwartet. Davon will ich nicht ablenken. Die obige Strategie zeigt eine Möglichkeit, im B2B-Bereich sehr einfach Leads zu generieren. Und gibt hoffentlich eine andere Perspektive auf die Plattform, die oft mangels Wissen unterschätzt wird.


Über den Autor

Sam Steiner

Sam Steiner unterrichtet den Kurs Facebook für Unternehmen bei Digicomp. Beruflich zeigt er KMUs, wie sie das Web und Social Media wirksam einsetzen (alike.ch). Seit 1999 war er in Web-Agenturen unterwegs und ist nun selbständig. Er betreibt Facebook-Fanseiten mit bis zu 500’000 Fans und ist Gründer der grössten deutschsprachigen Bassisten-Plattform Bassic.ch (verkauft 2013).