Führen durch fragen oder: Wer führt, der fragt

In vielen Führungssituationen ist es hilfreich, wenn effizient kommuniziert wird. Ein wichtiges Element dabei sind Fragen. Martin Bialas gibt Tipps, wie Führungspersonen «richtig» Fragen stellen können.

Autor Martin Bialas
Datum 11.07.2014
Lesezeit 5 Minuten

Wer fragt, ist ein Narr für fünf Minuten. Wer nicht fragt, bleibt ein Narr für immer.
(Chinesische Weisheit)

Vielleicht kennen Sie die Situation: Sie führen z.B. Zielvereinbarungsgespräche mit Ihren Mitarbeitern und dabei kommen Ihnen Fragen wie «Warum haben Sie … gemacht?» oder «Warum verhalten Sie sich in dieser Form?» als eher unangenehm vor.

In verschiedenen Führungssituationen kann es sehr hilfreich sein, wenn die beteiligten Parteien effizient miteinander kommunizieren. Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich von Fragetechniken unterstützen die Führungskraft dabei. Es ist jedoch ein Irrtum, wenn man glaubt, dass der rein mechanische Einsatz von Fragen eine Form von Führung ist. Eher wird das stereotype Herunterbeten von auswendig gelernten Fragen von Mitarbeitern als ein unangenehmes Ausfragen empfunden.

Voraussetzung für konstruktives Fragen:

  • Das eigene Ziel für den Einsatz von entsprechenden Fragen kennen
  • Kenntnis über verschiedene Fragetypen sowie deren Vor- und Nachteile
  • Eine hilfreiche Kommunikationssituation mit dem Gesprächspartner
  • Empathie im Gespräch und das Gespür für die passende Frage
  • Spass an Kommunikation

Bevor jedoch spezielle Fragen zum Einsatz kommen, sollte sich der Fragende über das Ziel seiner Fragen bewusst werden.  In jeder Frage ist unter Umständen schon ein Teil der Antwort enthalten. Somit sollte man nur Fragen stellen, bei denen man auch weiss, wie man mit der entsprechenden Antwort umgehen soll/kann. Sowohl der Fragende als auch der Gefragte sind frei in ihrer Kommunikation, somit sollte man gegenseitig Wertschätzung und Respekt ausdrücken. Nur dann öffnet sich das Kommunikationsfenster und beide Parteien kommen in einen zielführenden Dialog.

Weiterhin ist das Kennen und aktive Leben der eigenen Rolle entscheidend. Reden bzw. fragen Sie als Chef, als Mentor, als Spezialist, als Kollege, als Freund, als …

Der Prozess des Fragens gliedert sich in mehrere Schritte auf:

  • Kontext aufzeigen
    Stellen Sie die Frage in einen Zusammenhang.
    «Gerade eben haben Sie gesagt, …»
  • Konkrete Frage
    Wählen Sie aus Ihren Fragetypen die für Ihr Ziel und die Situation passende Frage aus.
    «Über welche weiteren Lösungen haben Sie bereits nachgedacht?»
  • Pausen
    Geben Sie Ihrem Kommunikationspartner ausreichend Zeit um zu antworten. Unterbrechen Sie nicht zu früh durch eine Wiederholung der Frage oder eine Erweiterung bzw. Präzisierung.
  • Mögliche Rückfragen
    Stellen Sie mögliche Verständnisfragen und/oder Präzisierungsfragen, sofern für Sie Unklarheiten bestehen.
    «Was genau meinen Sie mit dieser Bemerkung?»
  • Zusammenfassung
    Machen Sie Ihrem Kommunikationspartner deutlich, was Sie verstanden haben und geben Sie ihm die Chance, es zu korrigieren.
    «Habe ich Sie richtig verstanden, Sie hätten gerne …?»

Profi-Fragesteller wie z.B. Journalisten und erfahrene Führungskräfte nutzen die klassischen W-Fragen: Wer? Wann? Was? Wie? Wo? und sie ergänzen ihr Repertoire um Fragen aus folgenden Bereichen:

  • Alternativfragen
    • Möchten Sie eher Lösung A oder Lösung B?
  • Präzisierungsfragen
    • Was genau an dieser Lösung gefällt Ihnen nicht?
  • Suggestivfrage
    • Sie wollen die Sache doch auch schnell erledigt haben, oder?
    • Sicherlich sind Sie mit dem Verfahren vertraut?
  • Rück- und Gegenfragen
    • Halten Sie diesen Ansatz  wirklich für so effektiv?
    • Könnten Sie mir bitte noch erklären, in welchem Kontext diese Frage steht, damit ich Sie klarer beantworten kann?
  • Skalierungsfragen
    • Was gefällt Ihnen mehr, was weniger?
    • Auf einer Skala von 1 bis 10, wie schätzen Sie die Lösung ein?
  • Verschlimmerungsfragen
    • Was passiert, wenn dieses Projekt scheitert?

Vermeiden Sie jedoch die «Warum?»-Frage. Sie führt in der Regel dazu, dass sich Ihr Gegenüber in eine Rechtfertigungssituation gedrängt fühlt und Ihre hilfreiche, unter Umständen bereits mühsam aufgebaute Kommunikationsbeziehung bricht in einem verbalen Scherbenhaufen zusammen.

Stellen Sie eher Fragen wie:

  • Was wollen Sie damit erreichen?
  • Was hat Sie zu dieser Entscheidung bewogen?
  • Könnten Sie mir die Hintergründe noch erläutern?
  • Inwiefern wäre Ihnen damit geholfen?
  • Was spricht dagegen?

Über das eigentliche Fragenstellen hinaus sollte jedoch der Fragende auch ganz bewusst zuhören können. Dazu gehört auch das Wahrnehmen von nonverbalen Signalen, dem Gegenüber ausreichend Zeit für seine Antworten zu lassen, Klärung, ob das Gesagte auch im gemeinten Sinne verstanden wurde. Zusätzlich ist zu klären, ob die Aussage eine Faktendarstellung oder die individuelle Interpretation ist.

Hören Sie auf das, was Ihr Gegenüber Ihnen mitteilt und nicht nur auf das, was er sagt.

Bleiben Sie interessiert!


Über den Autor

Martin Bialas

Martin Bialas, Geschäftsführer der diventis GmbH, Arlesheim (BL), hat über 25 Jahre Praxiserfahrung im Bereich Projektmanagement. Mit Leidenschaft und Herzblut beschäftigt er sich mit der Integration von Projektmanagement Methodik und Softwareunterstützung in Unternehmen unterschiedlicher Grösse. Er begleitet Projektbeteiligte sowohl auf der strukturellen als auch auf der kulturellen, verhaltensorientierten Ebene. Er ist NLP Master und Mediator. Martin Bialas ist IPMA-zertifizierter «Programme und Portfolio Management Consultant (PPMC)», Fachgruppenleiter der Fachgruppe «Software für PM-Aufgaben» sowie Assessor für den Deutschen Project Excellence Award 2016 der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. und Assessor für IPMA Delta.