Service-Management-Praxis: CSI - fünftes Rad am ITIL®-Wagen?

Continual Service Improvement von ITIL® findet in vielen Service-Management-Projekten wenig Beachtung. Unser Kursleiter Markus Schweizer zeigt in seinem Artikel auf, wieso CSI eine viel prominentere Stellung haben sollte bei ITSM-Initiativen und wie CSI in die Prozess- und Serviceverbesserung eingebunden werden kann.

Autor Markus Schweizer
Datum 23.01.2014
Lesezeit 6 Minuten

DruckIch sehe oft in Service-Management-Projekten, aber auch in den ITIL®-Kursen, dass CSI – der 5. Band Continual Service Improvement von ITIL® – wenig Beachtung findet. Oft werden die grossen ITSM-Initiativen mit Service Operation/Transition (Incident – Problem – Change – Configuration Management) gestartet oder fokussieren auf Themen aus Service Strategy rund um Service Portfolio und Financial Management. Allzu selten liegt der Fokus auf dem «KVP», dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, wie er als Deming Cycle in CSI beschrieben wird (Plan-do-check-act).

Die wahre Bedeutung von CSI

Wieso sollte CSI eine viel prominentere Stellung haben bei ITSM-Initiativen? Aus meiner Erfahrung sollte CSI eigentlich Start- und Endpunkt aller Prozessverbesserungsvorhaben sein, weil es sich im Grunde nicht lohnt, Prozesse zu optimieren, ohne das entsprechende Instrumentarium und den methodischen Approach dazu schon zur Verfügung zu haben. Letztlich lohnt es sich auch nicht, in Prozessverbesserungen zu investieren, wenn man nicht sicherstellen kann, dass die erreichten Erfolge auch abgesichert werden können.

CSI und Qualität

ISO 20000 ist die Qualitätsnorm für ITSM-Organisationen. Als Qualitätsmanagement-Standard verlangt die Norm messbare und damit steuerbare Prozesse. Dies wird durch jährliche Rezertifizierungen überprüft. Dabei muss die jährliche Verbesserung des Service-Management-Systems nachgewiesen werden. Natürlich muss sich nicht jede Organisation ISO-zertifizieren lassen. Aber wer ein System einführt, das Prozess-Performance kontinuierlich misst, und sich regelmässig (continual) darüber Gedanken macht, wie Prozesse und Services verbessert werden können, schützt und stärkt seine Investitionen in Prozess- und Service-Management. Denn auch im Prozessmanagement gilt: Stillstand ist Rückschritt.

Folgende Grafik illustriert dies am Beispiel des ISO-20000-Prinzips:

Service Management als Management System - ISO Zertifizierung

In Assessments aufgedeckte Missstände oder Verbesserungspotentiale werden durch einzelne Projekte umgesetzt und auch rasche Erfolge damit erzielt. Werden diese Erfolge aber nicht durch kontinuierliches Messen und stetiges Überprüfen und Verbessern abgesichert, werden sie durch organisatorische Trägheit und Mangel an Disziplin wieder weg erodiert. Erst ein Managementsystem, wie in diesem Beispiel ISO 20000, ermöglicht es, die Erfolge abzusichern und durch stete Investitionen in Management, Prozesse, Governance und Messzahlen (KPI, Key Performance Indicator) weiter zu verbessern.

In mehreren Kundenprojekten, die eine ISO 20000 Zertifizierung zum Ziel hatten konnte ich selber erfahren, welche vorteilhafte Wirkung ein konsequent angewandter KVP für eine IT Organisation haben kann: Sowohl ein Vertreter aus der Baustoffindustrie als auch eine Krankenversicherung konnten ein bis zwei Jahre nach der Zertifizierung beträchtliche Verbesserungen der Qualität und Effizienz der IT ausweisen und die Produktivität der IT Mitarbeiter konnte nachhaltig gesteigert werden!

Es gibt einen weiteren wichtigen Grund, sich mit CSI zu beschäftigen: Es produziert Informationen, die als Belege für die Erfüllung der IT Strategie und für den Wertbeitrag der IT dienen können. Richtig definiert und kalibriert, liefern Prozesskennzahlen nicht nur Prozessleistungszahlen, sondern auch qualitative Aussagen und Hinweise zu Compliance und Risikomanagement (Controls). Durch die Aggregation dieser Daten lassen sich Balanced Scorecards befüllen oder auch Benchmarks durchführen.

Drei Schritte mit CSI

Wie soll man nun mit dem Thema Continual Service Improvement beginnen? Grundsätzlich sollten alle Prozesse so eingeführt werden, dass sie messbar sind. Automation in Tools und Nachvollziehbarkeit sind die Elemente, die es erlauben, einen Prozess messbar zu machen. Was gemessen werden soll, muss konsequent aus der IT-Strategie auf die Prozessziele und dann mittels CSF (Critical Success Factor) auf KPI heruntergebrochen werden. Diese bestehen in der Regel aus einer Aggregation aus Prozess- und Technologie-Kennzahlen.

Der zweite Schritt ist dann die konstante Messung der Zahlen sowie deren regelmässige Überprüfung und Interpretation. Aus der Interpretation der Messzahlen können Verbesserungsvorschläge abgeleitet werden. Die laufende und zeitnahe Umsetzung muss mittels einer Prozess-Governance (Management Review, Pflichtenheft der Prozessowners) sichergestellt werden.

Im dritten Schritt werden die Daten weiter aggregiert und abstrahiert, sodass sie evtl. mittels Balanced Scorecard dem Management als Entscheidungsgrundlage für weitere Verbesserungsinitiativen dienen. Nachfolgende Grafik illustriert das Ineinandergreifen des operativen und strategischen Verbesserungszyklus.

Operativer und strtategischer Verbesserungszyklus

Fazit

Es zeigt sich also, dass CSI nicht nur Ausgangspunkt von ITSM-Initiativen sein sollte, sondern auch Ziel und Zweck jeder Prozess- und Serviceverbesserung sein muss. Genauso wie sich Firmen am Markt stetig bewähren und konstant verbessern müssen, muss auch die IT stetig besser werden: Steigerung der Effizienz und Effektivität und damit letztlich eine höhere Produktivität muss das Ziel sein. CSI weist den Weg dorthin.

 

Blogreihe zum Thema «Service-Management-Praxis»

Markus Schweizer ist Kursleiter bei Digicomp für IT Service Management und COBIT®. In seiner neuen Blogreihe stellt er ITIL®-Kursteilnehmern und interessierten ITSM-Praktikern praxisnahe Beispiele zur Verfügung und vertieft auch Themen, die in ITIL® nicht abgedeckt sind oder Unklarheiten der ITIL®-Theorie aufzeigen.

 


Über den Autor

Markus Schweizer

Markus Schweizer ist Digicomp Trainer, ITIL®- und Cobit®-Experte und Strategie-Berater bei Plat4mation für alle Belange des IT-Managements. Zuvor arbeitete er für IBM und PwC und verbrachte er neun Jahre in den USA, wo er Grossfirmen beim Einsatz von Service-Management-Konzepten beriet. Seine Beratungsschwerpunkte sind IT Business Management, interne Digitalisierung, Governance und SIAM.